Es kann jedeN angehen

■ Verein Allerleihrauh geht mit Theaterstück zum Thema Sexueller Missbrauch an Hamburger Schulen

„Wir sind krasse Streetrapper, crazy drauf“, tönt es von der Bühne, und das Publikum klatscht und pfeift begeistert. Das Theaterstück „Von der Rolle“, das den rund 350 SchülerInnen in der Aula der Schule „Alter Teichweg“ vorgeführt wird, scheint anzukommen. Dabei befürchtete so mancher der vorwiegend 13- bis 15-jährigen einen Vormittag voller Langeweile und tro-ckenen Moralpredigten. Schließlich geht es um das ernste Thema „sexueller Missbrauch“. Die Theatervorstellung ist Teil eines Schulprojekts zwischen dem Verein „Allerleirauh“, der Beratung bei sexuellem Missbrauch anbietet, und drei Hamburger Schulen.

„Die jeweils achte Jahrgangsstufe des Helene-Lange-Gymnasiums, des Carl von Ossietzky-Gymnasiums und der Grund-, Haupt- und Realschule GHR Griesstraße soll so an das Thema herangeführt werden“, erklärt Allerleirauh-Mitarbeiterin Christa Paul. Im Zuge weiterer Projekte werde das Thema anschließend vertieft.

Bei der Entwicklung des auf einer wahren Begebenheit beruhenden Theaterstücks waren SchülerInnen aktiv miteinbezogen, weshalb es für die gleichaltrigen ZuschauerInnen authentisch wirkt. Das Bühnenbild gleicht einem Proberaum: Graffiti an der Wand, ein altes Sofa, Mischpult, Boxen, Verstärker. Eine jugendliche HipHop-Band übt für einen Wettbewerb. Musik und tänzerische Performance spielen bei der Darbietung eine überdurchschnittliche Rolle. Im Jugendjargon diskutieren die vier Protagonisten über Musik, Schule, Eltern und Anziehsachen. Doch nach und nach wird das Thema sexuelle Gewalt eingeführt. Ein ehemaliges Bandmitglied wurde aus der HipHop-Truppe geworfen, weil er sich an einer Klassenkameradin vergriffen hat, ein anderes Mitglied berichtet, wie er als kleiner Junge vom Onkel sexuell bedrängt wurde.

Nicht nur während des Stückes, sondern auch in der im Anschluss an das Stück stattfindenden Diskussion wird den SchülerInnen vermittelt, dass sexuelle Übergriffe schon bei Worten beginnen. „Auch wenn es sich um Grapschen oder blöde Sprüche handelt“, appelliert Schauspielerin Alexe Limbach, „wehrt euch!“ Grundsätzlich könne jedeR von dem Thema betroffen sein.

Belgin, Seher, Alexandra und Müge von der GHR Griesstraße zeigen sich begeistert: „Das Stück wirkte sehr realistisch, weil die Schauspieler so gesprochen haben wie wir“, so die 14-jährigen. Auch ihre Klassenlehrerin, Carola Roeckner, ist angetan. „Ich finde es gut, dass man sich diesem Thema durch Musik angenähert hat, denn es ist das Medium, durch das diese Altersklasse primär erreicht wird.“

Alexandra Frank