„Das wäre fatal“

Jörn Jensen, Mitglied des Grünen-Landesausschusses, fürchtet bei einer Ampel den Absturz in der Wählergunst

taz: Herr Jensen, sollen die Grünen Koalitionsverhandlungen mit der FDP aufnehmen?

Jörn Jensen: Ich persönlich habe erhebliche Bedenken. Die Unterschiede zwischen den Grünen und der FDP sind so groß, dass sie mir nicht überbrückbar erscheinen. Ich sehe auch das Risiko, dass die beiden bürgerlichen Parteien jeden Misserfolg den Grünen in die Schuhe schieben werden. Im Konfliktfall kann der Regierende Bürgermeister außerdem den kleinen Partnern immer sagen: Wenn euch was nicht passt, dann mache ich doch die Koalition mit der PDS.

Wo liegen die unüberbrückbaren Differenzen mit der FDP?

In der Finanzpolitik setzt die FDP auf Vermögensveräußerung des Landes. Damit kann man das strukturelle Defizit nicht nachhaltig beseitigen: Was schon einmal verkauft worden ist, lässt sich nicht wieder verkaufen. In der ökologischen Stadtentwicklung sehe ich ebenfalls kaum überbrückbare Unterschiede. Auch bei dem Traum der FDP von einem Luftkreuz in Schönefeld werden wir kaum ein Übereinkommen finden. In der Bildungspolitik gibt es bei der FDP-Forderung nach einer vierklassigen Grundschule keine Möglichkeit der Annäherung. Auch der Ausbau der FU zu einer Elite-Universität ist kontraproduktiv.

Liebhaber der Ampel sehen in der Verhandlungsbereitschaft der FDP die Chance der Grünen.

Die FDP eiert in der Tat mächtig rum. Sie will einen Absturz bei der nächsten Wahl dadurch verhindern, dass sie sich aus der Regierung heraus bekannt macht. Deswegen gibt sie sich erst einmal kompromissbereit. Verhandlungen in einer Dreierkonstellation werden allerdings noch einmal ganz anders aussehen. Die SPD, die ja auch einen stark konservativen Schuss hat, wird durch die FDP gestärkt werden. Wir werden uns dabei nur schwer profilieren können.

Welche Folgen fürchten Sie?

Ich befürchte, dass wir zwischen SPD und FDP zerrieben werden. Wir werden Schwierigkeiten haben, unseren Beitrag zur Sanierung Berlins öffentlich auszuweisen. Bei der nächsten Wahl werden wir noch stärker um unsere Position kämpfen müssen. Wenn bei der Ampel eine bloß wirtschaftsliberale statt einer sozial verträglichen Politik herauskommt, dann werden sich unsere Wähler fragen, warum sie überhaupt grün wählen sollen.

Also müssen die Grünen doch wieder in die Opposition?

Ich leite aus dem Wahlergebnis eine Oppositionsrolle ab. Wir sind nicht der große Wahlsieger. Von daher wäre es richtiger gewesen, eine andere Regierungskoalition zu bilden. Nun werden wir über die Ampel verhandeln. Dann entscheiden die Gremien.

Welche Punkte halten Sie für nicht verhandelbar ?

Ein Zurückweichen an den genannten Punkten in einen lauen Kompromiss wäre für uns fatal.

INTERVIEW: ANDREAS SPANNBAUER