Er kommt und kommt nicht

Im Allgäu haben einige Landwirte bereits den Euro im Einsatz und sind völlig enttäuscht

ROSSHAUPTEN/ATTENHAUSEN taz ■ Christian Guggemos aus Rückholz bei Nesselwang im Ostallgäu hat endgültig genug vom Gerede über den Euro. „Jeden Tag hört man bei euch im Radio, dass der Euro kommt. Woher wisst ihr das so genau? Ich bin mir sicher, der Euro kommt nicht!“, schrieb er dieser Tage an seinen Radiosender Antenne Bayern. Und auf Nachfrage erläuterte er dann: „Das kann nicht funktionieren mit dem Euro. Ich befasse mich seit mehreren Jahren mit dem Euro, und wir haben ihn selbst schon auf dem Betrieb.“ Große Hoffnungen, sagt der Bauer, habe man in der Landwirtschaft auf den Euro gesetzt, sehr große, aber sie seien alle enttäuscht worden.

Der Euro, das sei an dieser Stelle vielleicht angemerkt, ist einer der teuersten Zuchtstiere, die je eine Allgäuer Auktionshalle verlassen haben. Und der Rückholzer Bauer Guggemos hat zwei Nachkommen von „Euro“ auf dem Hof. Angefressen ist er über die vermeintlichen Leistungen des „Euro“ und seiner Nachkommen. Noch viel heftiger reagiert der renommierte Züchter Andreas Blank im fünfzig Kilometer entfernten Attenhausen. Er sei von Anfang an skeptisch gewesen in Bezug auf den hoch gelobten „Euro“. „Vor allem hat dieser Euro bei der Auktion ein immenses Geld gekostet. Da war ein Syndikat aus der Schweiz da, das diesen Euro steigern wollte“. Alle deutschen Braunviehstationen hätten zusammenstehen müssen, damit dieser Stier überhaupt in Deutschland geblieben sei.

Und dann zieht Züchter Blank so richtig vom Leder. Vom größten Reinfall des Jahrzehnts spricht er in Bezug auf den „Euro“ und davon, dass dieser „Computerstier“ einmal mehr gezeigt habe, dass „der Computer eben nicht alles kann“. Das züchterische Auge sei durch keine Elektronik zu ersetzen. Der Vater von „Euro“ war ein hoch gehandelter amerikanischer Stier, die Mutter sei eine Vinus-Tochter. Das heißt, von vorneherein waren Höchstpreise auf der Zuchtwertschätzliste eingetragen. Zahlreiche Züchter hätten sich dann um den Samen von „Euro“ bemüht und seien heute zutiefst enttäuscht. Ganz so schlimm will es Züchterkollege Christian Guggemos freilich nicht sehen. Die Euro-Nachfahren in seinem Stall und auf seiner Weide heißen übrigens Petra und Esmeralda. Sie haben wenigstens den Vorteil, dass sie bei weitem keine so symbolträchtigen Namen haben und weder die Europäische Zentralbank (EZB) noch die internationalen Finanzmärkte erzittern lassen, wenn es gar zu viel Kritik aus dem Allgäu hagelt.

Die beiden Allgäuer Züchter Blank und Guggemos freilich sind sich in einem Punkt einig: „Hoffentlich wird der andere Euro, der wohl bestimmt kommt, nicht auch so ein Reinfall!“

KLAUS WITTMANN