Belgrad für Wahlen im Kosovo

Am 17. November wird in der serbischen Provinz ein Parlament mit eingeschränkten Kompetenzen gewählt. Anders als die serbische und jugoslawische Regierung wollen einige Parteien zum Boykott aufrufen. Zehn Sitze sind für die Serben reserviert

aus Belgrad ANDREJ IVANJI

Die serbische und jugoslawische Regierung werden nicht zum Boykott der Parlamentswahlen im Kosovo aufrufen. „Wir sind zum Schluss gekommen, dass sich die Serben an den für den 17. November angesagten Wahlen im Kosovo beteiligen sollen“, erklärte am Wochenende sichtlich müde und schlecht gelaunt Jugoslawiens Präsident Vojislav Koštunica. Über zehn Stunden dauerten die zähen Verhandlungen mit Hans Häkkerup, dem Chef der UNO-Zivilverwaltung im Kosovo, der so lange auf Vertreter der serbischen und jugoslawischen Regierung über die Notwendigkeit der Wahlbeteiligung der Serben einredete, bis sie „unter dem Druck der Realität“ nachgaben.

In Serbien herrscht die Meinung, dass sich Belgrad für das „kleinere Übel“ entschieden habe. Koštunica, der zu den härtesten Kritikern der UN-Verwaltung im Kosovo KFOR gehört, unterstrich, dass immerhin das „erste Abkommen zwischen den jugoslawischen Behörden und der internationalen Administration im Kosovo“ unterzeichnet worden sei. Dieses Abkommen sehe vor, dass die aus den Wahlen hervorgehenden „vorübergehenden“ Institutionen des zu über 90 Prozent von Albanern bewohnten Kosovo nicht die Unabhängigkeit der serbischen Provinz ausrufen dürften.

Am Montag kam Häkkerup erneut nach Belgrad, um alle Einzelheiten der bevorstehenden Wahlen festzulegen. Vor allem ging es um eine proportionelle Beteiligung der Kosovo-Serben an der lokalen Polizei und dem Rechtwesen sowie der Rückkehr der serbischen Flüchtlinge aus dem Kosovo. Häkkerup versprach, die Sicherheit der Serben während des Urnengangs zu garantieren. Für die Sicherheit „eines jeden“ im Kosovo lebenden Serben könne die Unmik jedoch garantieren, sagte er. Man könne nicht von heute auf morgen „das Bewusstsein der Menschen verändern“, den Hass, den die serbische Repression in der Provinz ausgelöst habe.

Trotz der Empfehlung Belgrads, an den Wahlen teilzunehmen, wollen einige serbische Parteien die Kosovo-Serben zum Wahlboykott aufrufen. Diese Wahlen seien „der Grundstein eines unabhängigen albanischen Staates“, erklärte entrüstet Milan Ivanović, Vorsitzender des serbischen Nationalrats für den Nordkosovo. Die im Kosovo lebenden Serben könnten sich nicht frei bewegen, und das zwischen Belgrad und der Unmik unterzeichnete Abkommen würde „weder ihre Sicherheit garantieren noch eine serbische Polizei und Justiz vorsehen“. Organisationen der Kosovo-Serben und der Opposition in Serbien kündigten Massenproteste an.

Nach einer Meinungsumfrage in der Belgrader Tageszeitung Politika glauben über 60 Prozent der Bürger Serbiens, dass es bei den Wahlen zu Unregelmäßigkeiten kommen werde. Serbische Politiker werfen der Unmik vor, dass sie keine Volkszählung durchgeführt habe. Deshalb sei nicht bekannt, wie viele Albaner überhaupt legal im Kosovo lebten. Allein in der Provinzhauptstadt Priština soll sich die Bevölkerung seit dem Einzug der UN-Friedenstruppe KFOR 1999 verdreifacht haben.

Rada Trajoković, Mitglied des serbischen Koordinationsausschusses für den Kosovo, ist anderer Ansicht. „Nur wenn sie sich an den legalen Institutionen beteiligen, werden die Serben im Kosovo überleben und für ihre Rechte kämpfen können. Ein Wahlboykott würde heißen, den Kosovo endgültig aufzugeben“, erklärte er. Sollten sich alle nichtalbanischen Volksgruppen an den Wahlen beteiligen, hätten albanische Parteien keine Zweidrittelmehrheit im künftigen Parlament. Allein die 180.000 im Kosovo wahlberechtigten Serben hätten in diesem Fall 28 von insgesamt 120 Abgeordneten. Zehn Plätze im Parlament sind jedenfalls für die Serben reserviert.