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: Arizona bejubelt Titel, Yankees vor dem Umbruch

Der Sieger heißt Baseball

Am Ende hatten die Emmy Awards ebenso wenig eine Chance gegen die World Series wie Michael Jordan zuvor. 13 Millionen Haushalte hatten am 31. Oktober lieber Spiel 3 des Baseballfinales zwischen den New York Yankees und den Arizona Diamondbacks angeschaut als das Comeback des Basketballgottes im Trikot der Washington Wizards. Am Sonntag sahen bis zu 72 Millionen Menschen in den USA die Übertragung des entscheidenden siebten Matches, das Arizona mit 3:2 gewann. Im Schnitt widmeten sich 34 Prozent der Fernsehzuschauer dem Baseball, die wegen der Terroranschläge zweimal verschobenen Emmy Awards, eine Art Fernseh-Oscar, kam auf 16 Prozent. Insgesamt erreichte diese World Series die höchsten Einschaltquoten, seit 1991 die Atlanta Braves und die Minnesota Twins aufeinander trafen. In Zeiten nachlassenden Interesses am Nationalsport ein erfreulicher Schub für die Major League Baseball.

Ein großer Schub war die Serie auch für den neuen Champion aus Phoenix. 1997 gegründet, hatte der Klub bisher einen Verlust von mindestens 48 Millionen Dollar eingefahren. Die Zuschauerzahlen sanken stetig, nicht einmal die ersten vier Play-off-Matches dieser Saison waren ausverkauft. Das änderte sich im Laufe der packenden World Series gegen die Yankees, die rund 16 Millionen Dollar in die Kasse der Diamondbacks schwappen ließ. Die Merchandising-Einnahmen stiegen rapide an, und für die nächste Saison erhofft man sich einen erklecklichen Zuwachs an Dauerkarten. Bei der heutigen Siegesparade in Phoenix werden 100.000 Menschen erwartet, um den ersten Titel zu feiern, den Arizona in einer der großen Profi-Sportarten gewann, nachdem Jerry Colangelo, Besitzer der D’Backs, mit seinen Phoenix Suns 1993 im NBA-Finale knapp an Michael Jordans Chicago Bulls gescheitert war.

Entschieden weist Colangelo jeden Verdacht von sich, dem Beispiel der Florida Marlins folgen zu wollen, die 1997 den Baseball-Titel gewannen, danach meistbietend verkauften, was nicht niet- und nagelfest war, und in der Versenkung verschwanden. „Dieses Team wird nicht aufgelöst“, sagt auch Generalmanager Joe Garagiola. Im Übrigen wäre es schwierig, Abnehmer für die hoch bezahlten Stars zu finden, von denen die meisten weit über 30 sind. Die Schlüsselspieler, darunter die überragenden Pitcher Randy Johnson (38) und Curt Schilling (34), haben fast alle noch mehrjährige Verträge, sodass sich das Team in der kommenden Saison kaum verändern dürfte. „Wir haben die Bedingungen, die Chemie, das Talent und das Personal, um es noch einmal zu schaffen“, sagt Curt Schilling, „und vielleicht geht es ja wieder über New York.“

Bei den Yankees, die in den fünf Jahren zuvor viermal den Titel geholt hatten, sieht es allerdings anders aus als bei ihren Bezwingern. „Wir kommen zurück“, versprach Teambesitzer George Steinbrenner direkt nach dem Finale. Daran besteht kaum ein Zweifel, doch es werden nicht dieselben Yankees sein. Die altgedienten Paul O’Neill und Luis Sojo hören auf, die Verträge von Tino Martinez, Scott Brosius und Chuck Knoblauch laufen aus. Verstärkungen werden vor allem für die gegen Arizona schwache Offensive gesucht, ein heißer Kandidat ist Jason Giambi aus Oakland. „Ich bin kein guter Verlierer“, stellt Steinbrenner klar. „Ich halte es mit Ernest Hemingway, der gesagt hat, ‚ein guter Verlierer wird man durch Übung, aber ich will das nicht üben‘.“ Wenn die Yankees eines also nicht erwarten können von ihrem allmächtigen Boss, dann ist es Geduld. MATTI LIESKE