Donnervogel aus der Asche

Ab heute fliegt die nachgerüstete Concorde wieder. Air France und British Airways verdienen kaum am Prestigeprojekt

PARIS taz ■ Von heute an werden die Fensterscheiben in dem nördlichen Pariser Arbeitervorort Gonesse wieder klirren: Punkt 10.30 Uhr soll der schnellste Vogel der zivilen Luftfahrt, das Überschallflugzeug „Concorde“, zu seinem ersten kommerziellen Transatlantikflug seit der Katastrophe vom 25. Juli 2000 abheben. Den Flug nach New York wird 3 Stunden und 55 Minuten dauern – fast 4 Stunden weniger als in einer normalen Maschine.

Ein „Zeichen des Vertrauens“, nennt der Chef der französischen Fluggesellschaft Air France, Jean-Cyril Spinetta, den Neustart des Flugzeugs. Auch Frankreichs kommunistischer Verkehrsminister Jean-Claude Gayssot wird heute mitfliegen. Am Freitag soll dann in London wieder eine Concorde zum Linienflug über den Atlantik abheben.

Vor 15 Monaten war die Concorde über Gonesse, gleich hinter dem Flughafen, abgestürzt. Beim Startmanöver hatte ein auf der Piste liegendes, von einem zuvor gestarteten Flugzeug abgefallenes Metallteil einen Reifen der Concorde zum Platzen gebracht. Fetzen jenes Reifens setzten erst einen Treibstofftank, dann weitere Teile der Maschine in Brand, doch die Concorde hatte bereits so beschleunigt, dass sie nicht mehr bremsen konnte. Es war die erste Katastrophe in der 24-jährigen Fluggeschichte des in Frankreich entwickelten und als „unbesiegbar“ geltenden Vogels. 113 Menschen, mehrheitlich Deutsche, kamen ums Leben. Wenige Tage danach entzogen die Luftfahrtbehörden der Concorde die Flugerlaubnis.

Seither haben sowohl Air France als auch British Airways, die weltweit einzigen Gesellschaften, die Concordes in ihrer Flotte haben, an der Wiederaufnahme ihrer Transatlantikflüge in doppelter Schallgeschwindigkeit gearbeitet. Mit von der Partie war der französische Konzern Michelin, der seit der Katastrophe einen ganz neuen Flugzeugreifen entwickelte. Der „Near Zero Growth“ („NZG“) kann nicht mehr platzen, sondern allenfalls in hauchdünne Streifen zerreißen. Michelin verspricht sich von diesem „Reifen des dritten Jahrtausends“ die Eroberung des bislang von US-Unternehmen besetzten Marktes für Flugzeugreifen. Der „NZG“ und die Polsterung der Tanks mit Matten aus Kevlar waren die Voraussetzungen, dass die Concorde wieder fliegen darf. Am 6. September erteilten die britischen und französischen Aufsichtsbehörden dem überarbeiteten Flugzeug eine neue Flugerlaubnis.

Seit den Anschlägen in den USA wirbt die Concorde damit, sie sei weniger anschlaggefährdet als andere. Begründung: Die Passagierzahl ist mit maximal 92 übersichtlich und es gibt nur wenige Piloten, die in der Lage sind, eine Concorde zu steuern.

Der schnelle Flieger ist teuer. Das Ticket für den Hin- und Rückflug Paris–New York kostet im Normaltarif 8.100 Euro. Gewinn macht der Flieger trotzdem kaum, zuletzt etwa 2 Millionen Euro im Jahr. Schon vor der Katastrophe waren die Maschinen nur zu 60 Prozent ausgelastet, die Concorde trug nur ein Prozent des Jahresumsatzes bei Air France bei. Der heutige Flug ist ausgelastet – aber für Freitag gibt es noch freie Plätze.

Allein Air France, so errechnete die Zeitung Le Figaro, hat für die neue Concorde 113,5 Millionen Euro ausgegeben. Die Zahl setzt sich zusammen aus Löhnen, Fortbildungen für Piloten, Umbauarbeiten und Anschaffungen und Installation der neuen Reifen und Kevlar-Isomatten. Wie lange die Zukunft der neuen Concorde dauern wird, ist dennoch offen. Das einst als revolutionär gepriesene Flugzeug wird längst nicht mehr gebaut. Seine Wartung ist horrend teuer. Vorerst will die Air-France-Direktion ihre verbleibenden fünf Concordes bis ins Jahr 2006 fliegen lassen. Air-France-Sprecher Jean-Claude Couturier: „Letztlich entscheidet darüber der Markt.“

DOROTHEA HAHN