Sicherheitspaket atemlos geprüft

Heute beschließt das Kabinett sowohl das Zuwanderungs- als auch das Anti-Terror-Paket von Innenminister Otto Schily. Das Justizministerium hatte keine Zeit, kritische Punkte zu bearbeiten. Ausweisungsgründe für Ausländer sind immer noch unklar

von JEANNETTE GODDAR

Wenn das rot-grüne Kabinett heute über die Gesetzentwürfe zur Zuwanderung sowie zum Sicherheitspaket II berät, ist nicht ausgeschlossen, dass der ein oder andere am Tisch zumindest Letzteres kaum gelesen haben wird: 173 Seiten stark ist der „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus“, den Innenminister Otto Schily nur wenige Tage vor dem Kabinettstermin vorgelegt hat.

Wer ganz genau hinsieht, findet zumindest in dem Deckblatt einen winzigen Verweis auf die – intern oft bemängelte – mangelnde Zeit, die den anderen Ressorts zwecks Stellungnahme zur Verfügung stand: Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) habe, heißt es da, „soweit dies in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit möglich war, die Rechtsförmlichkeit geprüft“.

In der Tat enthält das Sicherheitspaket auch nach den Nachverhandlungen noch eine ganze Reihe Punkte, die vor wenigen Wochen in einer ungewöhnlich deutlichen internen Stellungnahme vom BMJ als teils unverhältnismäßig, teils unzulässig kritisiert worden waren. So sieht auch der neue Entwurf die als „zweifelhaft“ bezeichnete Speicherung von Stimm- und Sprachproben von Asylbewerbern über einen Zeitraum von zehn Jahren vor. Die als „problematisch“ bezeichnete Regelung, wonach der Verfassungsschutz bei Banken, Post und Fluggesellschaften Daten einholen dürfen soll, ist nach wie vor Bestandteil.

Auch der Forderung des BMJ, sich von der Vorstellung, künftig könnten Ausländer bereits bei Vorliegen eines „Verdachts“ ausgewiesen werden, zu verabschieden, wurde nur in Teilen Folge geleistet. So verbuchen die Grünen zwar auf ihr Konto, dass das Versagen eines Visums sowie eine Ausweisung lediglich aufgrund eines „Terrorismusverdachts“ nun doch nicht möglich sein soll. In dem Entwurf heißt es aber, die von einem „Ausländer ausgehende Gefahr“ müsse „entweder gegenwärtig bestehen oder für die Zukunft zu erwarten sein“. Ein rechtskräftiges Urteil ist nach wie vor nicht Voraussetzung für eine Ausweisung; immerhin steht inzwischen der Rechtsweg offen.

Völlig offen ist nach Ansicht von Menschenrechtsgruppen in diesem Zusammenhang allerdings auch immer noch, wer künftig in die neu eingeführte Kategorie „Regelausweisung “ fällt, weil er „einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt oder eine derartige Vereinigung unterstützt“.

Seitens des BMJ will man den überarbeiteten Entwurf sowie die eilige Terminierung nicht kommentieren. Zur Arbeit anderer Ministerien bei der Erarbeitung eines Kabinettsentwurfs gebe man grundsätzlich keine Stelungnahme ab, hieß es aus der Pressestelle.