Schröder wird Kriegskanzler

Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg stellt ein deutscher Regierungschef Truppen der Bundeswehr für den Kriegseinsatz bereit. 3.900 Soldaten werden abkommandiert. Mandat soll für ein Jahr gelten. Keine Angaben über Ort und Details des Einsatzes

BERLIN taz ■ Bundeskanzler Gerhard Schröder hat gestern die Bereitstellung von Truppen der Bundeswehr für den Krieg in Afghanistan angekündigt. Damit machte Schröder deutlich, was die Bundesregierung unter „uneingeschränkter Solidarität“ mit den USA versteht. Diese hatte Schröder am 19. September in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag versprochen. Die Bereitstellung von Truppen nannte er eine „historische Entscheidung für Deutschland“.

Insgesamt will die Bundesregierung 3.900 Soldaten für den Einsatz zur Verfügung stellen, erklärte Schröder gestern vor der Bundespressekonferenz in Berlin. Zuvor hatte der Kanzler die Partei- und Fraktionschefs der im Bundestag vertretenen Parteien informiert. Neben Kapazitäten für den Lufttransport mit 800 Soldaten, Seestreitkräften zum Schutz gefährdeter Frachtschiffe mit 1.800 Soldaten und „Fuchs“-Panzern zum Aufspüren von ABC-Waffen will die Bundesregierung auch „Spezialkräfte“ mit bis zu 100 Soldaten und „Einheiten zur Evakuierung von Verletzten“ mit bis zu 250 Soldaten bereitstellen.

Heute wird sich das Kabinett mit den Anforderungen der USA beschäftigen. Am Donnerstag will Schröder dann vor dem Bundestag eine Regierungserklärung abgeben. Voraussichtlich in der kommenden Woche wird das Parlament endgültig über den Einsatz entscheiden. Der Kanzler erklärte, sollte der Krieg noch länger dauern, würde er „aus Respekt vor dem Parlament“ erneut den Bundestag mit der Sache beschäftigen, um das Mandat zu verlängern. Angesichts der ungewissen Kriegsdauer sei eine Beteiligung Deutschlands in einer „anderen Art und Weise“, die derzeit noch nicht absehbar sei, nicht auszuschließen. „Niemand ist in der Lage, exakte Zeitangaben zu machen, auch ich nicht“, sagte der Kanzler.

Die zu erwartende Informationspolitik während der geplanten Einsätze ließ Schröder gestern schon erkennen: Der Kanzler wollte sich nicht einmal dazu äußern, ob der „Fuchs“-Panzer in Afghanistan oder anderswo eingesetzt werden solle.

Auch zum künftigen Einsatz der Spezialkräfte machte Schröder nur knappe Angaben. Es gebe gute Gründe, über den Einsatz solcher Kräfte keine Diskussion zu führen. Nach Auffassung des Kanzlers hat aber die „deutsche Öffentlichkeit ein großes Verständnis“ dafür, dass er durch entsprechende Äußerungen nicht die eingesetzten Soldaten gefährde.

Zweifel an der Kriegsführung der USA, auch aus den Reihen der eigenen Partei und Koalition, wies der Kanzler zurück: „Ich habe die Strategie nicht zu kritisieren, und ich gehöre nicht zu denen, sie sie kritisieren.“ Aus seiner eigenen Fraktion rechne er zwar mit kritischen Stimmen, sagte der SPD-Chef. Sein Wunsch und seine Erwartung sei jedoch, dass die rot-grüne Koalition eine eigene Mehrheit im Bundestag bekomme.

Die Union sagte gestern der Bundesregierung ihre prinzipielle Unterstützung zu. Detailfragen seien aber noch zu klären. Auch der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sicherte der Regierung Rückendeckung zu. Die PDS lehnte die Bereitstellung von Truppen dagegen kategorisch ab. Der grüne Fraktionschef Rezzo Schlauch sprach von einer schwierigen Entscheidung für seine Partei. ERIC CHAUVISTRÉ