Nasse Füße in einem halben Jahrhundert

■ Robin Wood informierte über mögliche Folgen des Treibhauseffektes an der Unterweser

„Ich war mal mit einer Gruppe Vietnamesen auf der Weser – und irgendwann habe ich gemerkt, dass ich denen erklären muss, dass das hier ein Fluss ist“, erzählt Annegret Reinecke von einer Weserfahrt. Die Vietnamesen hätten den Bremer Fluss für einen künstlich angelegten Kanal gehalten. Ein Blick aus dem Fenster auf die Weser bestätigt: Lauf und Uferbefestigungen des Flusses wurden bis heute so oft verändert, dass dieser Vergleich nicht weit hergeholt scheint. Und wenn sich die Folgen der globalen Erwärmung so auswirken, wie Annegret Reinecke von Robin Wood kürzlich bei einem Vortrag berichtete, bekommt das flüssige Wahrzeichen Bremens die Veränderungen wieder als erste zu spüren.

Die Umweltschützerin geht davon aus, dass man spätestens in 50 Jahren auch in Bremen die Folgen der Klimaveränderung bemerken wird. Sie wirkt an der Aktion „Klimaänderung und Unterweser“ (KLIMU) mit, die sich mit den lokalen Folgen der globalen Erwärmung beschäftigt.

Im Gegensatz zum niedersächsischen Umweltministerium vermutet die KLIMU, dass es hier in 50 Jahren knapp drei Grad wärmer sein wird. Daraus ergibt sich eine Meeresspiegelerhöhung, die auch Bremens großen Fluss betrifft. „Das Wasser in der Weser steigt um etwa 40 Zentimeter“, erklärt Annegret Reinecke. „Das bedeutet, dass man einige Deiche anpassen muss.“

Durch die größeren Wassermengen bleibt das Wasser auch länger in der Weser, bis es abfließen kann. 40 statt 30 Tage Verweilzeit bedeutet, dass auch Schadstoffe, die in die Weser gelassen werden, länger dort bleiben. Außerdem soll auch der Sauerstoffgehalt abnehmen. Auch die Stelle, wo sich Süß- und Salzwasser mischen, wird sich verschieben: Zwei Kilometer aufwärts soll die Brackwassergrenze wandern. Also schlechtere Bedingungen für Fische und anderes Kleingetier.

KLIMU hat drei Reaktionsmöglichkeiten für den höheren Pegel ausgearbeitet. Deichaufsätze wären dabei die billigste Alternative. Möglich wären auch ein Mündungs-sperrwerk vor Bremerhaven. Die Anlage von drei Entlastungspoldern wäre für Annegret Reinecke die beste Alternative, da im Falle von Sturmfluten große Wassermassen aufgefangen werden können und es der kleinere künstliche Eingriff in die Weserentwicklung wäre.

Das Umweltministerium Niedersachsen sieht dagegen keine großen Eingriffe innerhalb der nächsten hundert Jahre. „Es gibt immer unterschiedliche Prognosen“, erklärt Pressesprecher Volkert Wiesner. Die Abteilung Küstenschutz im niedersächsischen Umweltministerium berechnet bei Deichaufstockungen den zu erwartenden Meeresspiegelanstieg, den höchsten bisherigen Wasserstand und den Fall einer Springtide mit ein. Deichverstärkung sei eine Daueraufgabe, erklärt Wiesner. Was in 50 Jahren geschehen wird, weiß auch er nicht: „Wir werden das machen, was wir seit Jahrhunderten machen: Deiche bauen.“

brit