Köpenickiade im Vergnügungspark

Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft prüft ein Konzept für einen innerstädtischen Mediapark inklusive Schaugeschäften aus dem „Spreepark“. Doch die Finanzierung ist noch offen, auch der Medienriese Kirch ist im Gespräch

von MARINA MAI

Berlin wird vielleicht einen innerstädtischen Mediapark bekommen. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie bestätigte, dass ihr ein Konzept für ein „Berliner Center für Vergnügen, Bildung und Medientechnik“ vorliegt. „Berlin kann so etwas gut gebrauchen,“ sagt Sprecher Claus Guggenberger der taz. Als Standort könnte sich die Wirtschaftsverwaltung das Gelände des ehemaligen DDR-Rundfunks in Köpenick vorstellen.

Allerdings ist die Finanzierung dieses Projektes offen. Eingereicht wurde es von der Spreepark GmbH, die im Berliner Plänterwald einen Vergnügungspark mit Riesenrad, Achterbahn und Kinderkarussells betreibt. Norbert Witte von der Spreepark GmbH hatte gegenüber der bündnisgrünen Abgeordneten Lisa Paus erklärt, für sein Projekt sei er mit dem Medienriesen Leo Kirch in Verhandlungen. Davon sei der Kirchgruppe laut ihres Sprechers Hartmut Schulz zwar nichts bekannt, er könne aber nicht ausschließen, dass ein Kirch-Tochterunternehmen mit Berlin verhandele, so Schulz gegenüber der taz. Die „Herzog Unternehmensberatung AG“ in Berlin, die gemeinsam mit dem Spreepark das Projekt entwickelt, bestätigt, dass man „verschiedene Berliner Medienanbieter in diesen Park mit einbringen will.“ Der Senatsverwaltung allerdings liegt eine schriftliche Erklärung „von Leo Kirch oder einem anderen Mitinvestor derzeit nicht vor“, so Guggenberger. Inhaltlich, erklärte der Senatssprecher, sei an Fahrgeschäfte aus dem Spreepark ebenso gedacht wie an Filmkulissen und „die unterhaltsame Seite von PC-Technik“. Der Filmpark Babelsberg, der im nahen Potsdam ein ähnliches Angebot hat, kennt laut seiner Sprecherin Liane Nowak die Pläne nicht.

Ohne Mitinvestoren erinnern die Pläne der Spreepark GmbH allerdings mehr an den Versuch des Hauptmanns von Köpenick, mit großen Namen aus einer ausweglosen Situation herauszukommen. Das Familienunternehmen ist nach eigenen Angaben mit mindestens 17 Millionen Mark verschuldet, jährlich kommen 3,5 bis 4 Millionen hinzu. Das Land ist bemüht, den möglichen Konkurs der Firma abzuwenden, denn es haftet für die Verbindlichkeiten der Firma gegenüber den Banken. Die Finanzverwaltung möchte den 1997 mit der Spreepark GmbH geschlossenen Erbbaurechtsvertrag über das Grundstück im Plänterwald am liebsten auflösen, um nicht länger für die Schulden des defizitären Unternehmens geradestehen zu müssen.

„Ein Neuanfang für den Spreepark macht mehr Sinn, als wenn das Land den Betreiber darin unterstützt, seinen Konkurs weiter zu verschleppen“, erklärt die bündnisgrüne Berliner Abgeordnete Lisa Paus. Auch einen Mitinvestor Leo Kirch würde die Grüne nicht ablehnen. „Wir halten zwar nicht viel von seiner Medienpolitik. Aber das Führen eines Unternehmens traue ich ihm zu.“

Die Grünen hatten wiederholt Verstöße der Spreepark GmbH gegen umwelt- und baurechtliche Bestimmungen aufgedeckt. Norbert Witte, der Ehemann der Firmeninhaberin, der als Mitarbeiter im Spreepark beschäftigt ist, hat bereits Erfahrung mit Konkurs und Neuanfang: Als im August 1981 sein Teleskopkran auf dem Hamburger Rummel „Dom“ in das benachbarte Fahrgeschäft „Skylab“ krachte, kostete das sieben Menschen das Leben.

Der Unfall galt als das größte Rummelplatzunglück in der deutschen Nachkriegsgeschichte, und Witte wurde durch das Landgericht Hamburg wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Seine Schulden beliefen sich auf 1,5 Millionen, erklärte der Sproß einer Hamburger Schaustellerfamilie. Weil sich Witte dem Prozess entzogen hatte, musste er einige Zeit in Untersuchungshaft zubringen. Besonders pikant: Der Unfallkran war nach laut dem damaligen Hamburger Wirtschaftssenator Steinert zum Tatzeitpunkt weder zugelassen noch versichert.

Dass Witte in Wirklichkeit nicht Geschäftsführer, sondern Mitarbeiter im Geschäft seiner Frau ist, erfuhren die Verantwortlichen im Bezirksamt Treptow viel später, erklärte Baustadtrat Dieter Schmitz. Genau nachgefragt hat das Bezirksamt Treptow-Köpenick aber noch nicht. Ganz wie einst beim Hauptmann von Köpenick.