dieser verdammte krieg (xxvii)
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Wiglaf Droste führt heute das Kriegstagebuch der taz.

Setzei der Geschichte

Sigmund Gottlieb vom Bayerischen Rundfunk ist ein verlässlicher Mann. Wenn Edmund Stoiber etwas mitteilen möchte, schaltet er einfach seinen Gottlieb an. Der hat zwar ein Gesicht wie ein Setzei, aber hinter der etwas hängebackigen Erscheinung steckt eine Panzerplatte aus reiner Gemeinheit. In Sigmund Gottlieb hat sich der autoritäre Charakter als Hütehund verkleidet.

Gerhard Schröder hat erklärt, dass Deutschland im Krieg ist. Nicht nur uneingeschränkt solidarisch, also mehr symbolisch, sondern richtig in echt, mit 3.900 Soldaten. Dazu ist Gerhard Schröder legitimiert, denn er ist ein großer Staatsmann geworden, der in China deutsche OBI-Baumarkt-Filialen eröffnen kann. Schröder hat sein Nappagesicht in sehr ernst aussehende Falten gelegt; wenn ein deutscher Kanzler Krieg befiehlt, ist Schluss mit der Brioni-Nummer, dann kuckt er wie ein zerknüllter Bundeswehrparka und redet vom Mantel der Geschichte.

Dafür lobt ihn Sigmund Gottlieb und begibt sich auf das ihm unbekannte Territorium der Argumentation: Erst wenn deutsche Soldaten – im Gottlieb-Jargon: WIR! – aktiv in den Krieg zögen, hätten ihre Landsleute das Recht erworben, zu erfahren, warum. Vom gutdeutschen „Führer, befiehl, wir folgen!“ ist diese Propaganda nicht allzu weit entfernt. Da passt auch der Treueschwur deutscher Fußballnationalspieler in Bild: „Wir zerreißen uns für Deutschland!“ Mit dieser blutigen Rhetorik wird es nicht einmal dann vorbei sein, wenn ein paar uniformierte willige Vollstrecker Schröders und Gottliebs für jenes aufgepumpte Nichts zerrissen worden sind, das schon immer Ehre und Vaterland hieß.

MORGEN: Carola Rönneburg