Er wollte nur das Geld

■ Ehemaliger Krankenpfleger aus Bremerhaven gestand vorm Landgericht fünffachen Mord an ihm anvertrauten pflegebedürftigen alten Frauen

Der 32-jährige ehemalige Krankenpfleger Olaf D. hat gestern vor dem Landgericht Bremen zugegeben, zwischen dem 5. und dem 12. Juni 2001 im Raum Bremerhaven fünf über achtzigjährige Frauen überfallen, erstickt und beraubt zu haben. Eine weitere Frau habe er überfallen und bewusstlos zurückgelassen, als er gestört wurde. Bei seinen Überfällen erbeutete er insgesamt rund 4.900 Mark. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord aus Heimtücke und Habgier vor.

Bei seinem detaillierten Geständnis stockte Olaf D. wiederholt und rang um Fassung. Im weiteren Prozessverlauf zeigte sich der 130- Kilo-Mann reumütig: Er habe „schändlich“ gehandelt. Allerdings bestritt Olaf D. hartnäckig, eine Tötungsabsicht gehabt zu haben. Er könne sich seine Taten selbst nicht erklären, behauptete er. Sein Plan sei gewesen, seine Opfer einzuschüchtern, ihnen ihr Geld abzunehmen und dann zu flüchten.

Diese Erklärung vermochte Richter Harald Schmacke nicht zu überzeugen. Er fragte, ob er nicht befürchtet hätte, angezeigt zu werden, da seine Opfer ihn persönlich kannten. Olaf D. behauptete, er habe solchen Vorwürfen mit dem Hinweis auf Verwirrtheit oder Demenz bei älteren Leuten begegnen wollen.

Der Angeklagte war zum Zeitpunkt der Raubüberfälle mit etwa 50-70.000 Mark verschuldet. Olaf D. hatte Anfang Juni 2001 von seiner fristlosen Kündigung beim Arbeiter Samariter Bund (ASB) erfahren. Ihm wurden finanzielle Unregelmäßigkeiten vorgeworfen. Er sagte, er habe das Geld für seine Partnerin benötigt.

Am gestrigen ersten Verhandlungstag kam es zu einer bewegenden Konfrontation: Die 83-jährige Frau, die beinahe das sechste Opfer geworden wäre, erschien als Zeugin und Nebenklägerin vor Gericht. Sie berichtete davon, wie Olaf D. „gemein“ zu ihr wurde und sie „gequält“ habe. Sie habe gar nicht den „feinen gebildeten Herrn wieder erkannt“, der er vorher gewesen sei. Als er sie auf ihr Bett niederdrückte, hätte sie noch gebeten: „Jung-chen, du tust mir weh. Nimm das Geld und geh.“

Sie habe überlebt, weil sie noch rechtzeitig ihre Hände vor ihr Gesicht schieben konnte, als Olaf D. das Kissen gegen ihren Kopf drückte. „Ich glaube, das war eine Himmelsmacht“, erklärte die Frau ihr Überleben mit bewegter Stimme. Sie habe seit dem Überfall ständig Angst und leide unter Schlafstörungen. Vor dem Sterben habe sie jetzt aber keine Angst mehr, hatte sie vor Gericht erklärt.

Mehrfaches Telefonklingeln hatte Olaf D. dann gestört, so dass er Frau N. mit gebrochenen Rippen, eingedrücktem Brustbein und aus dem Mund blutend zurückließ.

Nur Minuten später fand ihr Sohn die schwerverletzte Mutter blutend und bewusstlos auf dem Boden. Als die alte Dame wieder zu sich kam, habe sie als erstes gefragt: „Wo ist der Kerl?“ Durch ihre Aussage kam die Polizei dem Angeklagten auf die Spur.

Olaf D. bat sein letztes Opfer am Ende des Verhandlungstages um Entschuldigung. Er bewundere ihre Kraft, diesen Prozess durchzustehen und wünsche ihr, dass sie nicht mehr so leiden müsse. Die Frau erklärte, sie bedauere den Krankenpfleger, weil der sein junges Leben verpfuscht habe. Ulrike Bendrat