Erste Niederlagen für Grüne

Die SPD behält Oberhand bei der Planung der weiteren Koalitionsverhandlungen. Peter Strieder hält Stadtentwicklung zusammen. Am Sonntag geht es zuerst ums Geld, dann um die Ressortpolitik

von ROBIN ALEXANDER

18 Tage seit der Wahl, zwei „Sondierungsrunden“, ein „bilaterales Gespräch“ und ein Machtwort des Bundeskanzlers hat es gebraucht: Am Mittwoch begannen die Verhandlungen über die Bildung eine Koalition von SPD, FDP und Grünen. Über Inhalte im eigentlichen Sinne wurde noch nicht gesprochen, die Partner einigten sich über den „Fahrplan“ und die Organisation ihrer Gespräche. Dabei mussten vor allem die Grünen Zugeständnisse machen, ihre Verhandlungsführer standen meist allein gegen SPD und FDP.

Der erste wichtige Termin ist Sonntag. Dann treffen sich die Koalitionspartner in spe zu einer so genannten Haushaltsklausur im Roten Rathaus. Dort wird von Finanzsenatorin Christine Krajewski (SPD) den Teilnehmern die destaströse Finanzlage Berlins noch einmal en detail vor Augen geführt. „Unter diesem Eindruck werden dann erste verbindliche Schlüsse gezogen“, erläuterte ein sozialdemokratischer Verhandlungsteilnehmer. Konkret heißt das, den Fachpolitikern der Parteien werden finanzielle Vorgaben gemacht, bevor Inhalte erörtert werden. Die SPD setzt darauf, ein Primat der Sparpolitik so schon strukturell in den Verhandlungen anzulegen. Der FDP kommt dieses Verfahren entgegen: Die wesentlichen Punkte werden so in großer Runde unter Mitwirkung von Günter Rexrodt vorentschieden. Die Grünen wollten hingegen erst in Arbeitsgruppen vorverhandeln. Sie glauben dort mit ihren kompetenten Experten stärker durchsetzungsfähig zu sein. Nun konstituieren sich die Arbeitsgruppen zwar vor dem Wochenende, die eigentliche Arbeit beginnt aber erst nach der Haushaltsklausur.

Auch bei der Zuschneidung der Arbeitsgruppen erlitten die Grünen gestern eine Niederlage. Zu Anfang der Gespräche hatten sie SPD und FDP noch eine Arbeitsgruppe „Frauen/Gleichstellung“ abringen können. Im Verlauf des Gesprächs kam es jedoch zu heftigen Kontroversen zwischen Grünen und SPD. Die Sozialdemokraten hatten eine Vorlage erarbeitet, die vorsah, die Gebiete „Wissenschaft“ und „Kultur“ in getrennten Arbeitsgruppen zu verhandeln. „Damit wollten die ganz klar die Ressortzuschneidung im neuen Senat präjudizieren“, bewertete ein grüner Teilnehmer das durchsichtige Manöver. Ein um die Wissenschaft erweitertes Wirtschaftsressort wäre attraktiv für die FDP. Adrienne Goehler, amtierende grüne Senatorin für Wissenschaft und Kultur, ergriff in den Verhandlungen jedoch beherzt das Wort gegen die Teilung ihres Ressorts. Auf der anderen Seite wurde Peter Strieder deutlich: Den grünen Plan, das von Strieder geleitete Riesen-Ressort Stadtentwicklung in Untergruppen zu verhandeln, wies der mächtige SPD-Landeschef heftig zurück. „Diese grüne Idee ist wohl noch dem Einfluss der Landesdelegiertenkonferenz geschuldet“, so ein Strieder-Vertrauter. Der grüne Parteitag hatte am Vorabend „ökologische Stadtentwicklung“ als „grüne Kernkompetenz“ definiert. Um einen offenen Dissens schon in der ersten Verhandlungsrunde zu vermeiden, einigte man sich schließlich darauf, die Arbeitsgruppen entlang der bestehenden Senatsressorts einzurichten. Keine Trennung von Wissenschaft und Kultur also und kein Aufbrechen der begehrten Stadtentwicklung. Aber auch keine Arbeitsgruppe „Frauen/Gleichstellung“. Diese – eigentlich schon durchgesetzte – grüne Forderung war wieder passé. War es Mitleid oder Häme, als Günter Rexrodt anschließend vor laufenden Kameras den für ihn erstaunlichen Satz sprach: „Die Gleichstellungsfrage spielt selbstverständlich in allen Gruppen eine wichtige Rolle.“