Hetzen mit Leidenschaft

Welches Bedrohungspotenzial schlummert im Afghanen? Eine kynologische Betrachtung

Es ist eine der wenigen gesicherten Kenntnisse der Anthropologie und mittlerweile stehende Wendung, dass Hunde und Menschen, sofern sie eine Weile zusammen verbringen, einander ähnlich werden. Nicht nur im Physiognomischen, wo manches Herrchen oder Frauchen sein Phantombild an der Leine zu führen scheint, sondern auch im Psychologischen, wo nicht selten charakterliche Doubletten anzutreffen sind. Die große und bis heute ungelöste Frage aber lautet seit eh und je: Überträgt nun der Mensch die Eckwerte seiner Eigenschaften auf den Hund, dominiert der Wauwau seinen Halter oder aber durchdringen sich beide Partner quasi parallel und erzeugen so in wechselseitigem Geben und Nehmen ihre symbiotische Erscheinung.

Mag diese Frage bisher nur für Hobby-Kynologen von ernsthaftem Interesse gewesen sein, seit den Anschlägen von New York und dem Krieg der zivilisierten Welt gegen Afghanistan beschäftigt sie immer mehr Bürger. Könnte es sein, dass in den mehreren Tausend hierzulande lebenden Afghanen ein noch unbekanntes Bedrohungspotenzial schlummert? Sind diese Hunde eine Gefahr für Deutschland? Muss man nicht annehmen, dass sie auf ein bestimmtes Signal hin „aufwachen“ und das tun, wofür sie in ihrer Heimat seit Jahrtausenden abgerichtet wurden?

Kaum beruhigen kann, was von offiziellen Stellen zum Thema verlautet. Die Rassebeschreibung des Deutschen Windhundzucht- und Rennverbands jedenfalls liest sich wie ein Steckbrief. „Er wird“, heißt es dort, „von den Bewohnern des Landes für die Hetze auf Wild – vorwiegend Steinwild – verwendet.“ Steinwild – dies könnte die kaum verklausulierte Bezeichnung für unsere Hochhäuser sein. „Diese Hetzleidenschaft“, lesen wir weiter, „ist dem Hund nicht abzugewöhnen . . . Das Wild verfolgt er in unwegsamem Gebirge oft über viele Kilometer, ganz auf sich allein gestellt, nur auf seinen Mut, seine Geschicklichkeit und seine Klugheit angewiesen.“ Das ist ja großartig. Und diese Hunde laufen frei durch unsere Städte?

„Im Gegensatz zu den meisten anderen Hunden“, teilt der Verband ferner freimütig mit, „denen es Freude macht, ihrem Herrn zu gehorchen, sieht der Afghane diese Notwendigkeit meist nicht ein. Er kommt fast nie auf Ruf oder Pfiff und man kann meist genauso gut und mit dem gleichen Erfolg einen Baum rufen. Man soll sich nur nicht der Illusion hingeben, dass man den Hund mit Gewalt zum Gehorsam erziehen kann, dass man ihm mit Gewalt seinen eigenen Willen aufzwingen kann.“

Offensichtlich ist sich der Deutsche Windhundzucht- und Rennverband der Brisanz der gegenwärtigen angespannten internationalen Lage überhaupt nicht bewusst, wenn er seinen Afghanen jede Möglichkeit der Resozialisierung von vorneherein abspricht: „So anhänglich der Afghane ist, so eng verbunden seinem Besitzer, vor allem ist der Afgane ein Hetzhund. Nichts erinnert mehr an den ruhigen Hausgenossen, wenn er Gelegenheit hat, ein nach seiner Meinung [!] geeignetes Hetzobjekt zu verfolgen, und nichts kann ihn von dieser Verfolgung abbringen. Alle Wildheit seiner Vorfahren bricht wieder bei ihm durch, und Hühner, Katzen oder auch Wild müssen um ihr Leben laufen. Diese Hetzleidenschaft ist dem Hund nicht abzugewöhnen.“ Man brauchte nur „Hühner, Katzen und Wild“ durch Flugzeuge, Hochhäuser und Amerikaner zu ersetzen, um ein exaktes Psychogramm der Täter vom 11. September zu erhalten. Falls die Rasterfahndung des Bundeskriminalamts über Alarmglocken verfügt, sie müssten in diesem Augenblick schrill läuten.

Zieht man andere Quellen zu Rate, wird die Sache vollends klar. Im verbindlichen FCI-Standard, Gruppe 10 Windhunde, Sektion 1 Langhaarig befederte Windhunde ist unter „Verhalten/Charakter (Wesen)“ vermerkt: „Der östliche bzw. orientalische Ausdruck ist für die Rasse typisch. Der Afghane schaut jemanden an und durch ihn hindurch.“ Die Rede ist vom Hund und nicht vom Terroristen, sicher. Aber sprach nicht George W. Busch unmittelbar nach den Anschlägen von „feigen Hunden“, die es zu stellen gelte? Mag manchem diese Gleichsetzung von Mensch und Hund leichtfertig erscheinen, jetzt wissen wir immerhin, welche Rasse der amerikanische Präsident dabei offenbar im Auge hatte.

RAYK WIELAND