EZB senkt Zinsen

Leitzins verringert sich um 0,5 Prozentpunkte. Finanzleute, Politiker und Industrie loben Entscheidung

BERLIN taz ■ Lang erwartet, endlich geschehen: Gestern hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen gesenkt. Zum zweiten Mal seit den Terroranschlägen in New York verringert sich damit der Leitzins um einen halben Prozentpunkt, und zwar von 3,75 auf 3,25 Prozent. Zuvor hatte die EZB den Zinssatz im Mai und im August um je einen Viertelprozentpunkt gesenkt. Auch die Bank of England setzte ihren Zinssatz gestern um einen halben Prozentpunkt herab.

Die EZB war in den letzten Wochen immer stärker in die Kritik geraten, weil sie trotz schlechter Konjunkturdaten ihre Geldpolitik nicht lockern wollte. Und das, obwohl derzeit keine Inflationsgefahr besteht – sonst das Lieblingsargument der EZB-Volkswirte gegen niedrigere Zinsen. Die Inflationsrate hat sich mittlerweile auf 2 Prozent in Deutschland und 2,5 Prozent in der gesamten Eurozone verringert. Laut ihrem gesetzlichen Auftrag ist die EZB ausschließlich für die Geldwertstabilität zuständig und nicht für die Belebung der Wirtschaft. Anders die amerikanische Notenbank Fed, die ihre Geldpolitik stärker an der Konjunktur orientiert und in diesem Jahr die Zinsen bereits zehnmal gesenkt hat: von 6 Prozent im Januar auf 2 Prozent, den historischen Tiefstand seit dem Zweiten Weltkrieg.

Finanzexperten, Analysten und Politiker reagierten positiv auf die Entscheidung der EZB. Finanzminister Hans Eichel lobte die Zinssenkung. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer bezeichnete sie als „angemessen zur Verbesserung des Konjunkturklimas“. Michael Rogowski, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) sagte, „die deutliche Leitzinssenkung zeigt, in welch schwieriger konjunktureller Situation wir uns wirklich befinden“. Und nutzte wie üblich die Gunst der Stunde, Reformen im Sinne der Wirtschaft anzumahnen: Das Mindeste wäre, die zum Jahresbeginn 2002 geplante Erhöhung der Ökosteuer auszusetzen.

KATHARINA KOUFEN

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