Wohnen wie Senator Duckwitz

■ Im Remberti Kontorhaus stehen seit März Wohnungen zum Verkauf – das denkmalgeschützte Gebäude besticht mit seinen Barock- und Klassizismus-Einflüssen

Wer würde nicht gerne mal in einem Schloss wohnen, oder wenigstens in einem Teil davon? Morgens aufwachen und sich im Himmel wähnen, beziehungsweise die Decke nicht erkennen, weil die Augen zu früher Stunde noch keine weiten Entfernungen fixieren können. Im gleichen Haus wohnen wie 1921 der Bremer Theaterdirektor Otto und Senator Duckwitz: Im „Remberti Kontorhaus“ in der Rembertistraße 28 bis 32.

Das Haus wurde 1910 bis 1920 gebaut, Bauherr war Otto Thor aus Osnabrück. „Der ganze Komplex hat einen schlossartigen Charakter“, schwärmt Georg Skalecki vom Landesamt für Denmalschutz. Anfang des Jahrhunderts sei es sehr typisch gewesen, Gebäude durch einzelne Elemente zu barockisieren. Beim Remberti Kontorhaus sind die drei Flügel ein ausgeprägtes Barockmerkmal. Sie schließen einen Hof, der heute ein Parkplatz ist, zu drei Seiten ein. Die kecken Mansardendächer sind auch typisch Barock.

Wenn es aber so auf uns herabblickt, sieht das Haus gar nicht aus wie ein Neo-Barock-Riese. Viel zu bodenständig ist es dafür. Die vielen rechteckigen Fenster zeigen, dass auch der Klassizismus mitgemischt hat. Dafür sprechen auch die Streifen, die von unten nach oben die ganze Wand entlangführen, die Skalecki „Lisenen“ nennt. „Mich fasziniert das stilistische Ringen zwischen Barock und Klassizismus“, fasst der Denkmalschützer das Besondere des Gebäudes zusammen.

1910 wurde mit dem Bau begonnen. „Es gab immer wieder Bauunterbrechungen, vor allem während des Ersten Weltkrieges“, erzählt der Leiter des Denkmalamts. Das riesige Gebäude wurde als reines Mietshaus mit großzügigen Wohnungen für die gehobene Klasse geplant.

Ein Versuch, Mietwohnungen in Bremen zu etablieren. Das stand im Widerspruch zum „Bremer Haus“, dem typischen Reihenhaus mit kleinem Vorgarten, das nicht nur in Neustadt und Viertel noch immer präsent ist.

Sei es durch den Krieg, oder weil es ungewöhnlich war, die Wohnungen gingen nicht weg. Der Bau wurde fortgesetzt und Konsequenzen gezogen: Im Haus entstanden kleinere Wohnungen.

Auch dieses Konzept schlug nicht dauerhaft zufriedenstellend an, und so wandelte die heutige Thor GmbH einige Wohnungen in gewerbliche Nutzungsflächen um. Das Gebäude bekam den Namen „Remberti Kontorhaus“.

Heute gehört es der Kölner Vivacon AG. Eine Immobilienfirma, die sich auf denkmalgeschützte Gebäude spezialisiert hat. Das gesamte Remberti Kontorhaus wurde 1994 unter Denkmalschutz gestellt, wie Georg Skalecki berichtet. „Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen müssen daher mit dem Amt für Denkmalpflege abgesprochen werden“, erklärt er.

Vivacon und Skalecki haben bereits ein Sanierungskonzept abgestimmt. „Nichts Großes“, versichert Skalecki – „Modernisierung“ lautet ungefähr jedes zehnte Wort in den Werbebroschüren von Vivacon, die versuchen, das Haus Wohnungsweise zu verkaufen. Seit März dieses Jahres versucht Vivacon die Mieter davon zu überzeugen, dass es viel besser wäre, die Wohnungen zu kaufen, anstatt sie nur zu mieten. Bisher ohne durchschlagenden Erfolg.

Dabei ist das Haus nach wie vor ein auffälliger Vertreter seiner Epoche in der besten Lage. Elfriede Opitz wohnt schon seit 40 Jahren in der fünften Etage. „Die Räume sind so wunderschön groß“, schwärmt die Dame von ihrer Wohnung. Ihre Wohnung zeigt nicht zur Straße, sondern zum Rembertistift. Noch ein Vorteil für sie: „Mitten in der Stadt und kein Autolärm.“ Elfriede Opitz ist zufrieden.

Viele der Wohnungen und Gewerbeflächen sind noch nicht verkauft, einige stehen sogar noch leer. Elfriede Opitz kann nur lachen über das briefliche Angebot, die Wohnung als Eigenbesitz zu erwerben: „Was soll ich denn in meinem Alter noch eine Wohnung kaufen?“

„Das könnte am Preis liegen“, munkelt ein anderer Hausbewohner über die Verkaufsprobleme. „Das kauft nur jemand blind vom Fleck – aber kein Bremer.“

Die Wohnungen stehen zum Verkauf, das Schild „Zu verkaufen“ macht tagtäglich darauf aufmerksam. Und solange sie noch nicht weg sind, kann jeder von der Wohnung im Schloss träumen.

brit