Alternative zum Taxischein

Mit Hochschulabschluss hat man heute noch lange nicht ausgesorgt. Dass der Sprung von der Uni in den Job kein Sturz wird, sollen Career Center verhindern, die sich zunehmend spezialisieren. Die Kooperation mit Unternehmen nimmt zu

von TILMAN VON ROHDEN

Den Uniabschluss in der Tasche – und dann? Bei vielen Studenten kommt es nach der ersten Euphorie über das bestandene Examen erst einmal zu einem veritablen Durchhänger, der bei Geisteswissenschaftlern oft um so stärker ist, weil ihre Abschlüsse nicht direkt berufsqualifizierend sind. Während Studenten noch vor wenigen Jahren in ihrem Bemühen, schon in der Uni berufliche Perspektiven aufzuschließen, ziemlich allein gelassen wurden, können sie heute schon im Grund- oder Hauptstudium auf Angebote zurückgreifen, die den Übergang ins Berufsleben erleichtern. Career Center heißen diese Einrichtungen.

Oft herrsche das Missverständnis, so der Leiter des Career Center an der Freien Universität Berlin, Dieter Grühn, dass es dort um die Planung fulminanter Karrieren gehe. Eine solche Vorstellung beruhe auf einem Übersetzungsproblem. Denn im Englischen bedeute Career nur Beruf, mehr nicht. Deshalb gehe es in den Centern auch nicht um Karrieren, sondern um eine Planung für einen reibungslosen beruflichen Einstieg.

Grühn datiert die Geburtsstunde der deutschen Career Center auf das Jahr 1979. Damals hätte die große Sorge bestanden, dass Absolventen der Geistes- und Sozialwissenschaften massenhaft und ohne alle Berufschancen in die dauerhafte Arbeitslosigkeit entlassen würden. An der Universität München ist vor dem Hintergrund dieses nie eingetretenen Szenarios das erste Career Center gegründet worden. Heute gibt es in Deutschland rund 70 Zentren, von denen etwa 30 zentral und fächerübergreifend organisiert sind.

Die deutschen Career Center, so Grühn, würden sich mehr oder weniger gleichen. Sie bieten Arbeitsmarkt- und Berufsinformationen für Studierende, sind in der Beratung und Vermittlung von Praktika im In- und Ausland tätig und offerieren Qualifizierungsprogramme für die so genannten Schlüsselqualifikationen oder Softskills: verständliches Schreiben, Rhetorik und Präsentationen, Arbeits- und Managementtechniken. Manche Einrichtungen würden auch über Computer und Informationstechnologien informieren sowie wirtschaftswissenschaftliche Grundlagen vermitteln.

Immer stärker sei in jüngster Zeit, so Grühn, die Tendenz erkennbar, dass Career Center mit Unternehmen eng kooperieren, um die unmittelbare Berufsvorbereitung zu fokussieren. Der Experte hält dies insbesondere für die Klientel der Geisteswissenschaftler für sinnvoll, weil laut Statistik 40 Prozent von diesen später in der freien Wirtschaft unterkommen würden. Im Unterschied zu Vorlesungen und Seminaren sind die Angebote der Career Center längst nicht immer kostenfrei. Grühn, begründet und verteidigt die Gebühren mit dem Hinweis, dass ansonsten keine Dozenten und Trainer aus der beruflichen Praxis engagiert werden könnten und die berüchtigten, weil mehr oder weniger nutzlosen Massenveranstaltungen mit Hunderten von Teilnehmern drohten. Er habe festgestellt, dass 100 Mark Gebühren für ein Trainingswochenende pädagogisch gut angelegt sind. „Weil es um ihr Geld geht, haben die Studenten plötzlich keine Motivationsprobleme mehr. Im Übrigen wird der Obolus in der Regel klaglos akzeptiert.“

Career Center trifft man in der Regel an Universitäten an, weniger an Fachhochschulen, weil deren Studiengänge seit je einen hohen Praxisbezug haben. Während früher Geisteswissenschaftler in erster Linie als Zielgruppe galten, besuchen seit wenigen Jahren auch Naturwissenschaftler verstärkt die Career Center. Grühn führt das auf deren problematisch gewordene Berufsperspektiven zurück.

Die Technische Universität Berlin liegt vor diesem Hintergrund voll im Trend. Dort ist zu Beginn dieses Jahres das Career Center Femtec GmbH eingerichtet worden, das sich ausschließlich an Frauen, die Natur- oder Ingenieurwissenschaften studieren, wendet. Beteiligt sind im Rahmen einer public-private Partnerschaft außerdem fünf große deutsche Unternehmen, die mit ihren Angeboten und Dozenten für einen starken Praxisbezug sorgen. Das Qualifizierungsprogramm ist einmalig, weil es studienbegleitend angelegt ist, und umfasst Workshops, Planspiele und Innovationswerkstätten mit Praktika und Mentoring-Programmen.

Für deutsche Verhältnisse unüblich ist die Auswahl der Kandidatinnen nach Leistungen und Zensuren. Wer es geschafft hat, in den erlauchten Kreis von je 20 Studentinnen des Grund- oder Hauptstudiums pro Studienjahr aufgenommen zu werden, lernt die Grundlagen des Managements, trainiert Schlüsselqualifikationen wie Kommunikations- und Führungskompetenz und schnuppert Unternehmensluft.

In der Zukunft sind bei Femtec auch spezielle Programme für Absolventinnen zur Berufsorientierung und zum Berufseinstieg geplant. Längerfristiges Ziel ist, in Kooperation mit weiteren Universitäten und Hochschulen ein übertragungsfähiges Ausbildungsmodell zu erarbeiten. Dagegen finden bei Femtec schon heute Projekte für Schülerinnen und Abiturientinnen statt, um sie für ein Studium der Naturwissenschaften zu motivieren.