WINDENERGIE: DIE STROMKONZERNE WOLLEN IHREN TEIL VOM KUCHEN
: Wettrennen im Watt

Gestern wurde der erste große Windpark auf deutscher See genehmigt. Der Antragsteller Prokon Energiesysteme ist damit einstweilen Spitzenreiter in einem Rennen um Standorte und Profit. Denn in Nord- und Ostsee wollen die deutschen Windmüller das große Geld einfahren – mit Windparks von der Leistung eines AKWs und ewiger steifer Brise. Und hinterher ihre Megaturbinen in die ganze Welt exportieren. Nur: Bisher weiß kein Mensch, ob sich diese Parks jemals rechnen. Es gibt noch nicht mal Prototypen der riesigen Windräder, die draußen vor der Küste einmal stehen sollen. Und auf welchen Trassen der Strom an Land gelangen soll, ist ähnlich umstritten wie die Auswirkungen auf Umwelt, Tourismus und Schifffahrt.

Eigentlich wäre deshalb auch den Erbauern der Windparks lieber, erst einmal eine längere Testphase in aller Ruhe durchzustehen. Mit den so gewonnenen Ergebnissen könnten sie dann an geeigneter Stelle die geeigneten Turbinen platzieren, ohne jetzt die geballte Feindschaft von Vogelschützern, Fischern und Schiffern auf sich zu ziehen. Doch genau das geht nicht, weil die Bundesregierung einen Stichtag gesetzt hat: den 31. 12. 2006. Wessen Windrad bis dahin nicht läuft, der erhält auch nicht die lukrative Förderung von 17,8 Pfennig pro eingespeiste Kilowattstunde. Für die großen Meeresanlagen drängt daher die Zeit, alle versuchen schon mal eine Genehmigung zu bekommen – in der Hoffnung, dass sich die anderen Probleme auch später noch rechtzeitig lösen lassen.

Das kann böse schief gehen, und die Betreiber wissen das auch. Mehr oder weniger öffentlich spekulieren sie auf eine Verlängerung der Förderung. Die muss Umweltminister Jürgen Trittin in die Wege leiten und Wirtschaftsminister Werner Müller muss sie absegnen. Doch bisher ist davon nichts zu hören, weil anscheinend die Stromkonzerne wirkungsvoll gegen die neue Konkurrenz von der See antichambrieren. Diesen Widerstand werden sie erst dann aufgeben, wenn sie selber mit der Windenergie Geld verdienen können. Man darf also auf die nächste Stufe der Förderung gespannt sein. REINER METZGER