Sicherheit gegen Datenschutz
: Repressionsstaat

■ Klare Worte in Bremen gegen Schilys zweites Anti-Terror-Paket

Als einen „Wettbewerb im Ausverkauf der Persönlichkeitsrechte“ bezeichnet der Bremer Landesdatenschutzbeaufragte Sven Holst die gegenwärtige Sicherheitspolitik von Bundesregierung. Der Erfolg der Schill-Partei in Hamburg habe gezeigt, dass der Wunsch nach mehr Sicherheit in der Bevölkerung groß sei. Für Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sei das sicherlich ein Beweggrund, einen noch härteren Kurs zu fahren.

„Wie viele Rechte bleiben uns noch?“ lautete das Thema einer Veranstaltung, zu der die Bremer Jusos vergangene Woche eingeladen hatten. Neben Sven Holst diskutierten auch der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Horst Isola und SPD-Landesvorstandsmitglied Lars Jeschke über Schilys zweites Anti-Terror-Paket. Einigkeit herrschte über die Kritik an vielen geplanten Maßnahmen.

So seien nur wenige der Vorschläge speziell auf die gezielte Bekämpfung des Terrorismus angelegt und daher nicht besonders effektiv, bewertete Holst den Gesetzentwurf. Aus Gesprächen mit Polizei und Verfassungsschutz habe er erfahren, dass sich niemand viel von einem Fingerabdruck im Pass verspreche. Die Politik spreche damit einen Generalverdacht aus und kehre das Rechtssystem um, in dem bislang von dem unschuldigen Bürger ausgegangen worden sei. Es sei zu befürchten, dass nun eine Welle des Denunziantentums ausbrechen könnte. Davon wären besonders ausländische MitbürgerInnen betroffen.

„Über Schilys Anti-Terror-Paket bin ich nicht glücklich“, so der Bremer Datenschutzbeauftragte. Allerdings müssten „wir die neue Situation anerkennen, aber dennoch jede getroffene Maßnahme nach ihrer Rechtsstaatlichkeit überprüfen.“

Gegen eine Erweiterung der Rechte des Bundeskriminalamtes (BKA) sprach sich auch Horst Isola aus. Als exekutive Einrichtung gefährde ein zu mächtiges BKA den Rechtsstaat. Die Zweckmäßigkeit der Rasterfahndung sei zu hinterfragen, die Kronzeugenregelung sei „völlig daneben“. Isola befürchtet, dass der wichtige Datenschutz bei all den Diskussionen um die Sicherheit zu kurz komme. Die Einführung eines europäischen Haftbefehls und die Abschaffung des Religionsprivilegs bezeichnete der SPD-Politiker dagegen als vernünftige Maßnahmen zur Terrorbekämpfung.

„Zur Zeit wird in Deutschland die Knute des Repressionsstaats hervorgeholt.“ Lars Jeschke, Mitglied im SPD-Landesvorstand und aktiver Juso, fand deutliche Worte der Kritik an Schilys Gesetzentwurf. Schon jetzt stünden Moslems in unserer Gesellschaft unter Generalverdacht. Lars Jeschke stellte das Verbot von ausländischen Vereinen und Organisationen in Frage: „Wer entscheidet überhaupt, welche Organisation terroristisch ist?“ Auch frage er sich, was Verbote zu ändern vermögen. Terror-Sympathisanten würden in den Untergrund abtauchen, so Jeschkes Vermutung.

Zur Zeit sei es unheimlich schwer mit persönlichkeitsrechtlichen Bedenken in die Öffentlichkeit zu dringen, resümierte Holst. „Die Menschen wollen Sicherheit und nehmen dafür Speicherung und Überwachung ihrer persönlichen Daten in Kauf.“ Vor der Präsentation seines zweiten Anti-Terror-Paketes habe Schily keine Stellungnahme des Justizministerium eingeholt. „Herta Däubler-Gmelin wurde übergangen.“ Ein solcher Politiksti sei in Deutschland neu und höchst bedenklich.

Ebbe Volquardsen