Rückkopplung rules

Vom Ornithologen zum Halbe-Hähnchen-Esser: Die Eels haben ihre Depression abgelegt und schwangen beim Konzert im BKA Luftschloss die Rockpeitsche

Endlich mal eine Vorband, die abhebt, trotzdem keinen Krach produziert, beweglich und gelenkig bis in die hinterste Pore ist und auch noch nett aussieht. Der Special Guest waren zwei Trapez-Künstlerinnen, die in luftiger Höhe über trinkenden Eels-Fans ihrem gefährlichen Gewerbe nachgingen. Manchmal doch günstig, wenn Rockkonzerte in Zirkuszelten stattfinden. Das BKA Luftschloss jedenfalls ist ein gemütlicher Ort, der sogar die Gesundheit fördert. Es gibt nur Biere, die scheiße schmecken (Berliner Pilsener, Heineken), und der halbe Liter Berliner kostet 8 Mark – fast so teuer wie in Ben Beckers „Trompete“. Da ich eh verkatert war von der Liebe- und-Herzschmerz-Party im Maria, kostete der Abend mich nur rund 37 Pfennig für zwei Kaugummi und eine Zigarette.

In solcher Verfassung sollte ein Eels-Konzert eigentlich Balsam für die Seele sein. Seit Mitte der Neunziger versorgen uns die Männer um Mastermind „E“ mit einem recht wohlig temperierten Soundtrack für Sonntagabende. Jetzt aber scheint ihnen die leicht depressive Grundstimmung ihres Materials auf den Keks zu gehen. Ihr neues Album „Souljacker“ knallt und droht an jeder Ecke mit der Rockpeitsche. So waren denn auch einige Rocksäcke im Publikum, die aussahen, als hörten sie im Auto Radio Eins. Nena war auch da.

Die Eels hatten sich ganz fest vorgenommen, heute nicht als Schlappschwänze und Balladenonkels rüberzukommen. Rock und Roll mussten es sein. Herr E hat sich zwar seinen Bart wieder verkleinert, halbwegs finster sieht er unter seiner Wollmütze aber immer noch aus. Sein Kollege am Bass hatte sich extra – man wird ja immer so geblendet – eine nicht mickrige Sonnenbrille aufgesetzt. „Sweet, sweet R ’n’ R“ wolle man heute Abend in der Stadt Berlin präsentieren, sagte Herr E nach einer halben Stunde, man sei doch in Berlin, oder? Die „Lady Rock“ müsse denn auch so richtig schön hart rangenommen werden, ergänzte er noch. Es blieb seine einzige Ansage.

Die Band spielte konsequenterweise viel von ihrem neuen Album, auf dem sie ihre Schmusedeckenvergangenheit austreiben. Rückkopplung rules! Für den verkaterten Kopf blieb die Hoffnung auf „Beautiful Freak“ oder „Climbing to the Moon“. Es wurden auch ältere Tracks ausgepackt. Nur nach dem Öffnen der Geschenke sahen sie anders aus als beim Einpacken vor ein paar Jahren. „I like Birds“, auf der Platte ein Song eher für Ornithologen als für Halbe-Hähnchen-mit-Pommes-Esser, wurde zu einer wüsten Rocknummer umgepolt, als sei er für fiese französische Vogelfänger komponiert. Kein Frieden mit niemand. Passt ja auch in die Zeit. Viel zu tun für den langbärtigen Gitarrenroadie, der es mit circa sechs Instrumenten aufzunehmen hatte.

Die Eels haben ihre Depression abgelegt. Schade eigentlich.

ANDREAS BECKER