Szenenapplaus für rasante Kombinationen

Mit exquisitem Spiel gewinnen die deutschen Hockeyspieler die Champion’s Trophy und freuen sich auf die Weltmeisterschaft im Februar

ROTTERDAM taz ■ Wenn die Nation derzeit eine Mannschaft sucht, mit der sie sich sportlich identifizieren kann, dann sollte sie das vielleicht nicht unbedingt bei den Fußballern tun. Während sich die deutschen Kicker bei ihrem WM-Qualifikationsspiel gegen die Ukraine relativ vergeblich abmühten, den Ball im gegnerischen Netz zappeln zu lassen, gelingt das der Auswahl einer anderen Ballspielart derzeit fast mustergültig: den Hockeyspielern. Diese tun das jedoch weitgehend unter Ausschluss der Medienöffentlichkeit, im holländischen Rotterdam – beim immerhin drittwichtigsten Turnier des Welthockeykalenders. Es lief fast wie am Schnürchen: Als erstes Team zog die Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) bereits nach vier von insgesamt fünf Spieltagen mit weißer Weste, den meisten geschossenen und den am wenigsten kassierten Treffern ins gestrige Finale ein. Dort wurde dann Australien mit 2:1 bezwungen.

Fast etwas staunend wirkt Bundestrainer Bernhard Peters, wenn ihm zur Leistung seines Teams gratuliert wird: „Eigentlich sind wir selber überrascht, dass wir hier bis ins Finale gekommen sind, denn es fehlen von der Juniorenmannschaft noch einige ganz heiße Kandidaten wegen schulischer und anderer Verpflichtungen.“ Der 41-Jährige konnte in Rotterdam also nicht seine Bestbesetzung aufbieten, aber das Turnier um die 23. Champion’s Trophy – hier spielen nur die sechs weltbesten Teams – war für ihn ein Testlauf mit den Kandidaten für das zweitwichtigste aller Turniere: die Weltmeisterschaft.

Peters, seit den Olympischen Spielen in Sydney Bundestrainer und Nachfolger von Paul Lissek, musste bisher nur zwei Niederlagen hinnehmen. In Rotterdam schien das deutsche Team im Hinblick auf die Weltmeisterschaft im Februar nächsten Jahres in Kuala Lumpur schon einen ganzen Schritt weiter zu sein als die anderen Nationen. Das Spiel war sicher, aber auch schnell und flüssig, es wurde mit einer Leichtigkeit kombiniert, die oft Szenenapplaus bei den fast 8.000 fachkundigen Zuschauern im oft beneideten Hockeyland Holland hervorrief. Binnen fünf Wochen war das Turnier organisiert worden, nachdem klar war, dass die pakistanische Stadt Lahore für die Austragung aufgrund der Weltlage nicht mehr in Frage kam. Auch bei eisigen Temperaturen war in Rotterdam das Stadion fast an jedem Tag ausverkauft.

Bei den deutschen Herren ist mit Bernhard Peters nicht nur attraktives Offensivhockey, sondern auch größeres Selbstbewusstsein eingekehrt. Mühe hatte die deutsche Mannschaft nur im Auftaktspiel gegen Australien, das schon seit Jahren einen ähnlichen Stil pflegt, wie ihn die deutsche Mannschaft nun zu spielen versucht. Dem sonst recht kritischen Diplomsportlehrer Peters entschlüpfte auf Pressekonferenzen sogar einige Male das Wort „fantastisch!“. Etwa als in den ersten zwanzig Minuten gegen Pakistan die Deutschen schon fast beängstigend überlegen waren und vier herrliche Treffer erzielten. „Es macht im Moment wieder richtig Spaß,“ sagt auch Stürmerstar Oliver Domke aus Rüsselsheim, und Kapitän Florian Kunz, der mit sicher verwandelten Ecken und Siebenmetern glänzte, hebt vor allem „die Teamleistung“ hervor. Dr. Michael Green, der mitnichten der Mannschaftsarzt ist, sondern ein Spieler, der neben jahrelangem Leistungshockey ein Medizinstudium absolviert und erfolgreich abgeschlossen hat, hebt hervor: „Alle unsere Spieler auf der Bank sind so stark wie die auf dem Feld.“ Bernhard Peters nutzt das voll aus, denn bei der WM in Malaysia werden hohe Temperaturen an der Tagesordnung sein. Er wechselt viel durch, so wird ein hohes Spieltempo garantiert.

Seit Montag lächelt Bernhard Peters noch häufiger, und das liegt nicht nur am guten Spiel seiner Mannschaft. Da war der Krefelder bei der Geburt seiner Zwillingstöchter im Kreißsaal dabei, am Ruhetag der Champion’s Trophy, versteht sich. Seine Jungs haben währenddessen Fußball gespielt. Aber nur so zum Spaß. CLAUDIA KLATT