DAS KLIMAPROTOKOLL WURDE IN MARRAKESCH WEITER VERWÄSSERT
: Weltinnenpolitik? Fehlanzeige!

Neun Jahre nach dem Gipfel in Rio de Janeiro und vier nach der Konferenz von Kioto ist es vollbracht: In Marrakesch wurden die Ausführungsbestimmungen des Kioto-Protokolls beschlossen. Die gute Nachricht: Der Vertrag kann in Kraft treten, weil genug Länder zugestimmt haben. Die schlechte: Das Vertragswerk wurde weiter verwässert, weil Staaten wie Russland, Kanada und Neuseeland sich die für die Ratifizierungsmehrheit notwendige Zustimmung durch weitere Abschwächung ihrer Verpflichtungen teuer abkaufen ließen.

Das würdelose Gefeilsche lässt nichts Gutes für die Umsetzung des Vertragswerkes ahnen. Von dem nach dem 11. September so notwendigen neuen Geist zwischenstaatlicher Kooperation etwa war in Marrakesch nichts zu spüren. Terror jedoch lässt sich nur wirksam in Partnerschaft, insbesondere mit den Ländern der Dritten Welt, bekämpfen. Diese Partnerschaft erfordert, dass die Industrieländer vorangehen und teilen, also beispielsweise den Welthandel gerecht gestalten und auch ihren klimaschädlichen Energieverbrauch reduzieren. Es wird in erster Linie an der EU liegen, ob die Klimapolitik nun doch noch ein Erfolg wird. Ihre Mitgliedstaaten müssen schnellstens ratifizieren und das Vertragswerk umsetzen. Aber überzeugende Konzepte dafür sind nicht zu sehen, und Widerstand regt sich, besonders in der Industrie.

Ob in Katar beim WTO-Ministertreffen, ob in Marrakesch bei der Klimakonferenz – statt der neuen Weltinnenpolitik bestimmen Eigennutz und wirtschaftliche Partikularinteressen die Tagesordnung. Reichen die Warnsignale wirklich noch nicht aus? Die USA, die weitaus die meisten Treibhausgase emittieren, sind ohnehin aus dem Kioto-Prozess ausgestiegen. Der amerikanische Lebensstil sei nicht verhandelbar, hat Präsident Bush mehrmals betont. Da macht man dann auch bei der Terrorbekämpfung Kompromisse und unterstützt das Terrorregime in Saudi-Arabien, das das billige Öl liefert, mit dem die Industrieländer das Klima aufheizen. Na dann: Weiter viel Erfolg bei der Terrorbekämpfung! THILO BODE

Autor und Exgeschäftsführer von Greenpeace International