Serbische Truppe meutert

Eine Spezialeinheit blockiert den Verkehr in Belgrad. Es geht um das UNO-Tribunal

BELGRAD taz ■ Mit gepanzerten Geländewagen haben gestern Morgen rund 100 Mitglieder der Spezialeinheit der serbischen Polizei die wichtigste Verkehrsverbindung in Belgrad blockiert. So mancher erlebte einen bösen Schreck, als er die berüchtigten, in Tarnuniformen gekleideten und bewaffneten Polizisten auf der Autobahn vor dem Kongresszentrum „Sava“ sah – zum ersten Mal ohne Masken vor dem Gesicht.

Mit ernster Miene wiederholte ein Offizier der als „rote Baskenmützen“ bekannten Truppe deren Forderungen: Den Rücktritt des Innenministers und die Verabschiedung eines Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit Jugoslawiens mit dem Haager Tribunal für Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In der Zwischenzeit betrachte man die Auslieferung jugoslawischer Staatsbürger an das Tribunal als „gesetzwidrig“ und werde „alle Befehle in dieser Richtung verweigern“. Bereits am Wochenende hatte die Truppe zwei Stunden lang die Autobahn Novi Sad–Budapest blockiert.

Am Sonntag scheiterten die Verhandlungen der „Baskenmützen“ mit Serbiens Ministerpräsident Zoran Djindjić, der zwar „Verständnis“ für den Protest zeigte, sich jedoch weigerte, ihren Forderungen entgegenzukommen. Wie es in Djindjić-nahen Kreisen hieß, stimmten diese Forderungen „eigenartig“ mit den Ansichten von Jugoslawiens Präsidenten Vojislav Koštunica überein, der selbst die „gesetz- und verfassungswidrige“ Auslieferung von Slobodan Milošević kritisiert und den Rücktritt des Innenministers gefordert hatte.

Die „Baskenmützen“ sind die bestausgebildete und bestausgerüstete Spezialeinheit der serbischen Polizei. Sie wurde durch ihre Einsätze im Krieg in Kroatien, Bosnien-Herzegowina sowie im Kosovo bekannt und galt als die Leibgarde von Milošević.

Während des Volksaufstandes vor einem Jahr hielt sich die berüchtigte Einheit jedoch zurück, wodurch ein Blutvergießen vermieden wurde. Es hieß später, Djindjić hätte mit ihrem Chef Milorad Ulamek die Vereinbarung getroffen, die „Baskenmützen“ nach dem Machtwechsel nicht anzurühren und sie nicht an Den Haag auszuliefern. In Serbien stellt sich nun die Frage, welche Kräfte diese meuternde Spezialeinheit bezwingen könnten. Zumal an der Armeespitze immer noch die von Milošević eingesetzten Generäle stehen, die selbst eine Auslieferung an das Tribunal befürchten müssen. ANDREJ IVANJI