Wenn das Grauen zu groß ist

■ UKE und Rotes Kreuz kümmern sich gemeinsam um Soforthilfe für traumatisierte Kinder

Vor kurzem kam ein Junge in die Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), weil er regelmäßig seine Mitschüler würgte. Während der Therapie, „stellten wir dann fest, dass er vor vier Jahren dabei war, als sein Vater seine Mutter umbrachte“, erzählt Professor Peter Riedesser, Direktor der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kinder- und Jugendalters am UKE. Mutter tot, Vater im Gefängnis: Der Junge wurde untergebracht, aber nie sprach jemand mit ihm über das, was er erlebt hat. Weil das Erlebte zu schlimm war, konnte er es nicht aus eigener Kraft verarbeiten.

„Bei der Betreuung psychisch traumatisierter Kinder und Jugendlicher gibt es in Hamburg eine große Versorgungslücke“, sagt Riedesser. Die Behandlung erfolge häufig viel zu spät, wenn sich das Grauen längst zu einem belastenden Trauma entwickelt hat.

Dieses Problem gehen jetzt UKE und die Kriseninterventionsteams des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in einem bundesweiten Pilotprojekt gemeinsam an. Die Ehrenamtlichen des DRK leisten Erste Hilfe für die Seele der Betroffenen, die unter Schock stehen, weil sie durch Unfall, Mord, Suizid, Krankheit oder andere Katastrophen einen Angehörigen verloren haben. Sie sind bei allen Katastrophen dabei, von denen man liest, hört und sieht. Häufig sind von diesen Schicksalsschlägen auch Kinder betroffen. Einige ziehen sich komplett zurück, reden und spielen nicht mehr, andere sind übererregt und immer auf der Flucht. Künftig werden sie von den Experten des UKE betreut.

Ein erster Schritt der Kooperation war eine Fortbildung, zu der sich gestern 160 Sanitäter, Polizisten und andere Rettungsexperten trafen. „Was kann ich tun, wenn ich im Einsatz auf ein seelisch traumatisiertes Kind treffe?“ war die Frage auf die Krüger vom DRK-Interventionsteam eine Antwort wusste: „Immer überlegen, wer oder was dem Kind jetzt gut tun würde und gegebenenfalls das Kriseninterventionsteam oder das UKE verständigen.“ san