Bombenstopp

■ SPD- und DGB-Zugehörigkeit: ein Widerspruch?

Die SPD-Bürgerschhaftsabgeordnete Helga Ziegert ist gleichzeitig Kreisvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Bremen. Der DGB hat sich gestern klar gegen die Fortsezung der Bombardierung Afghanistans ausgesprochen. Im Interview sagt die SPD-Frau, wie sie politisch und privat zum Militäreinsatz in Afghanistan steht.

taz: Der DGB ist für einen Bombenstopp, die SPD im Bundestag steht größtenteils hinter dem Kanzler, der sich dagegen ausspricht. Wo stehen Sie?

Helga Ziegert: Der DGB Bremen will keine Strafexpedition in Afghanistan. Ich persönlich bin allerdings auch dafür, dass Terroris-ten verfolgt und bestraft werden müssen. Dennoch habe ich meine Zweifel, ob durch Bomben etwas erreicht werden kann. Deshalb stehe ich voll hinter der Erklärung des DGB.

Kanzler Schröder hat mittlerweile an die Abstimmung die Vertrauensfrage geknüpft. Wenn Sie im Bundestag säßen, wie würden Sie am Freitag entscheiden?

Diese Frage ist hypothetisch. Man kann immer schlecht sagen „Was wäre, wenn“. In diesem Fall würde ich aber so stimmen, dass die Regierung weiter besteht. Aber ich bin Mitglied der Bürgerschaft und ich bin für einen Bombenstopp, um Zeit für humanitäre Hilfe und eine politische Lösung zu haben. Die Anti-Terror-Allianz darf nicht durch die Bomben zerbrechen. Wir müssen den Schulterschluss mit den arabischen Staaten festigen.

Sagt das jetzt die DGB-Kreisvorsitzende oder das Inividuum Helga Ziegert?

Ich stehe voll hinter dem DGB-Beschluss. Im Übrigen sind sehr viele SPD-Angehörige auch im DGB.

Können Sie die Grünen verstehen, die für einen Bundeswehreinsatz stimmen?

Man muss ja unterscheiden zwischen politischer Gesinnung und Regierungsverantwortung...

Ist das ein Unterschied?

Eigentlich nicht, aber manchmal ist das in der Regierungsverantwortung nicht so einfach. Der DGB spricht sich ja auch dafür aus, der Verelendung und Ausbeutung durch die Globalisierung entgegenzuwirken. Aber das ist alles lang-fristig.

Und kurzfristig?

Das ist die Hunderttausendmark-Frage. Wenn ich das wüsste. Es stört mich jedenfalls, dass auch Unbeteiligte getroffen werden. Und ich weiß nicht, ob sich durch die Bomben nicht vielleicht noch mehr den Taliban anschließen.

Was heißt das für einen Bundeswehreinsatz?

Ja, was heißt das für einen Bundeswehreinsatz? Ich weiß es nicht so genau, aber ich lehne diese Art des Bombenkrieges ab.

Wie sehen Sie denn die Nordallianz ?

Ich bin keine Afghanistan-Expertin, aber ich weiß auch, dass man die Nordallianz kritisch sehen muss. Das ist auch nur eine Minderheit.

Wenn Sie Kinder hätten, die von einem Bundeswehreinsatz überzeugt wären und selbst in den Einsatz ziehen wollten, was würden Sie tun?

Als Mutter würde ich sie ins Gebet nehmen. Welche Mutter würde schon ihre Kinder einfach in einen Kriegseinsatz ziehen lassen? Aber ich würde sie auch als erwachsene Menschen ernst nehmen.

Noch einmal zum Schluss: Sie bleiben beim Bomben-Stopp.

Ja, ich kann nur noch mal auf den DGB-Beschluss verweisen. Aber als Bürgerschaftsabgeordnete entscheidet man oft anders, als die Bürger das sehen.

Warum eigentlich?

Weil man mehr Kenntnisse hat und die Realität oft viel komplizierter ist, als sich das nach außen darstellt. Vielleicht verdirbt es einen ja auch, so viele Kenntnisse zu haben? Fragen: Ulrike Bendrat