Kostenloses Saatgut

Gericht verweigerte Pflanzenzüchtern Auskunftsrecht über Nachbau von Saatgut. Bauern brauchen nicht zahlen

KARLSRUHE taz ■ Im deutschen Recht gibt es keine Grundlage für ein allgemeines Auskunftsrecht der Pflanzenzüchter gegenüber Bauern über den Nachbau von Saatgut. Dies entschied gestern der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH) in einem Grundsatzurteil.

Mit Nachbau ist gemeint, dass Bauern bei der Aussaat auf die Ernte vom Vorjahr zurückgreifen, statt neues Saatgut zu kaufen. Dies ist – bei stark abnehmenden Erträgen – bis zu 20 Mal möglich.

Doch was früher kostenlos war, führt heute zu Gebührenpflichten. So sieht es seit 1994 das EU-Recht bei europaweit geschützten Sorten vor. Und für die übrigen Pflanzensorten (stark die Hälfte des gesamten Marktes) findet sich eine entsprechende Regelung im deutschen Sortenschutzgesetz.

An der Zahlungspflicht selbst war also nicht mehr zu rütteln. Die bäuerliche „IG gegen Nachbaugesetze“ stützte ihre Boykottaufrufe deshalb auf eine andere Überlegung: „Wenn die Züchter nicht erfahren, dass und was nachgebaut wird, können sie auch keine Lizenzgebühren verlangen.“ Tatsächlich ist weder im EU- noch im deutschen Recht ein Auskunftsrecht der Züchter eindeutig geregelt.

Die Züchter versuchten jedoch unter dem Verweis auf „Treu und Glauben“ eine Auskunftspflicht in das Sortenschutzgesetz hineinzulesen und verklagten bundesweit mehr als 2.000 Landwirte.

Dem hat jetzt aber der BGH einen Riegel vorgeschoben. „Der Wortlaut des Gesetzes ist eindeutig, darüber können wir uns nicht hinwegsetzen“, erklärte der Vorsitzende Richter Rüdiger Rogge zur Begründung. Offen ist jetzt noch die Frage, wie es bei den EU-rechtlich geschützten Sorten aussieht.

Im nächsten Frühjahr wird der Europäische Gerichtshof in der Sache des Saatgutes weiter verhandeln. Auch hier wird darum gestritten, ob es ein allgemeines Auskunftsrecht der Pflanzenzüchterfirmen gibt. CHRISTIAN RATH