Hilfe für Afghanistan läuft langsam an

UN-Hilfsorganisationen wollen schnellstmöglich zu den Not Leidenden. Auch Usbekistan öffnet Versorgungswege

NEW YORK/TASCHKENT taz ■ Nach der Eroberung Kabuls und des größten Teils der nördlichen und westlichen Provinzen Afghanistans durch die Nordallianz will die UNO nun möglichst schnell ihren internationalen Stab im Land postieren. Damit soll die Verteilung von Hilfsgütern – vor allem Lebensmittel und Medikamente – effektiviert werden. Laut UNO sind ein Drittel der 20 Millionen Afghanen durch Hunger und Krankheit akut bedroht. Wann die UNO allerdings wieder direkt vor Ort ist, hängt nach Angaben eines Sprechers in Genf davon ab, wie schnell sich die militärische Lage stabilisiert. Im Moment konzentrieren sich Organisationen wie World Food Programm, Unicef und das Flüchtlingshilfswerk UNHCR darauf, die mit der Eroberung Masar-i Scharifs gewonnenen Verbindungen zu nutzen, um den am schlimmsten betroffenen Menschen im Norden und Westen des Landes zu Hilfe zu kommen. Allein in den Bergen dort sind nach UN-Angaben eine halbe Million Menschen vom Hunger bedroht.

Gestern ist nun erstmals nach wochenlangem Tauziehen mit der usbekischen Regierung ein mit Mehl beladener Lastkahn vom usbekischen Termes über den Grenzfluss Amu-Darja nach Afghanistan übergesetzt. In den Lagerhäusern in Termes stapeln sich tausende Tonnen an Hilfsgütern.

Am Rande der UNO-Vollversammlung in New York hat der usbekische Außenminister Abdulasis Kamilow seinem deutschen Kollegen Joschka Fischer nun auch zugesichert, dass die Usbeken die große Brücke über den Amu-Darja öffnen werden, sodass dann nicht nur Lkws direkt nach Masar-i Scharif und von dort weiter nach Kabul fahren können, sondern auch die bereits in Taschkent beladenen Züge über die Brücke bis ins afghanische Hairaton fahren könnten. Wie riskant die Lage immer noch ist, zeigte ein Vorfall am Sonntag, als ein UN-Konvoi, der von Turkmenistan aus mit 330 Tonnen Lebensmitteln auf dem Weg nach Bamian war, von US-Flugzeugen bombardiert wurde. Fast der gesamte Transport wurde vernichtet.

Auch die Zusammenarbeit mit den Truppen der Nordallianz ist für die UNO nach wie vor nicht geklärt. Lokale Kommandeure in Masar-i Scharif sollen einen UN-Konvoi beschlagnahmt haben. Angeblich sind auch UN-Lagerhäuser in Masar-i Scharif geplündert worden. Lokale UN-Mitarbeiter berichten, dass es in einzelnen von der Nordallianz eroberten Städten zu schweren Ausschreitungen gegen die Bevölkerung und Hinrichtungen vermeintlicher oder tatsächlicher Taliban-Anhänger gekommen sei. Ein weiteres Problem der UNO ist das fehlende Geld für humanitäre Hilfe. Während für die Militärschläge Milliarden Dollar vorhanden sind, bekommen die UN-Organisationen die für ihre Arbeit in Afghanistan benötigten rund 657 Millionen Dollar nicht zusammen. Bisher, so der für die humanitäre Koordination in Afghanistan zuständige Kenzo Oshima, sei erst ein Drittel der Gelder eingegangen. JÜRGEN GOTTSCHLICH