Die Nacht hat Ohren

■ SPD und GAL zeigen Zähne und wollen auf den neuen Senat aufpassen

Die Opposition schießt sich warm. Hatten SPD und GAL dem neuen Senat zu Beginn der gestrigen Bürgerschaftsdebatte zumindest noch eine „glückliche Hand“ gewünscht, war es anschließend mit den Höflichkeiten vorbei.

Der sonst im Parlament meist farblos wirkende Uwe Grund entwickelte gestern als neuer SPD-Oppositionsführer ungeahnte Angriffslust, und Krista Sager übte für die GAL ebenfalls den nahtlosen Übergang von der Regierungs- zur Oppositionsbank. Beide trugen im Anschluss an die Regierungserklärung Ole von Beusts die Kritik ins Parlament, die in den vergangenen Wochen von den heutigen Gegnern und künftigen Opfern einer schwarz-schillschen Regierungspolitik geäußert worden ist.

Vor allem Grund legte sich dabei keinerlei Zurückhaltung auf und wagte dabei auch den Mut zum sprachlichen Frontalangriff. Den neuen Verkehrssenator Mario Mettbach (Schill) forderte er auf: „Übernehmen Sie die Verantwortung für das nächste überfahrene Kind auf der Stresemannstraße.“ Angesichts des Männerüberschusses im Senat mutmaßte er, „der neue Senat hält Gender Mainstreaming für einen Fluss in Schottland“ und folgerte: „Frauenpolitik ist diesem Männerhaufen unwichtig.“ Die Suche nach der Kultursenatorin sei zum „Stepptanz im Fettnäpfchen“ geworden, und das Hin und Her um den Knast auf dem KZ-Gelände Neuengamme sei ein „unwürdiges Schauspiel“. Dass Ausländerpolitik im Koalitionsvertrag nur im Zusammenhang mit Abschiebung auftauche, nannte er „beschämend“. Insgesamt durchwehe den Koalitionsvertrag „der Muff der 60er Jahre, als die Welt noch in Ordnung und der HSV Spitzenreiter der Bundesliga war“.

Sager fuhr in ihrer ersten Rede als wieder in der Opposition angelandete Ex-Senatorin ebenfalls schweres Geschütz auf. Schill sei offenbar nur für zwei Dinge angetreten, „für blaue Polizisten und eine besonders dreiste Variante des Filzes, wie wir ihn in Hamburg bisher nicht gekannt haben“. Was besonders bei der CDU Heiterkeit auslöste.

CDU-Fraktionschef Michael Freytag versuchte die Attacken aus der Opposition matt zu kontern, es sei nur der „untaugliche Versuch, vom eigenen Versagen abzulenken“, und brachte gar die Guildo-Horn-Klamotte in der Staatsoper vom Januar noch einmal aufs Tapet. Und Schills Fraktionsvorsitzender Norbert Frühauf erkannte nur „pauschale, verfrühte Kritik, karnevalistisch dargebracht“. Wie der neue FDP-Vormann in der Fraktion, Burkhardt Müller-Sönksen, warb Frühauf dafür, „uns eine faire Chance zu geben“ und verhaspelte sich ansonsten darin, den Koalitionsvertrag noch einmal zu rekapitulieren.

Grund rief dem neuen Senat noch hinterher: „Der Tag hat Augen, die Nacht hat Ohren, wir passen auf Sie auf.“ Das muss dem Innensenator Schill doch gefallen haben. Peter Ahrens