Feiern wie die musikfanatischen Herzöge

■ Ab heute lädt Manfred Cordes zu einer musikalischen Renaissance der Renaissance

Heute abend beginnt im Rathaus eine Reihe mit italienischer Festmusik, die nicht nur FreundInnen Alter Musik anziehen könnte. Denn der Leiter des Ensembles „Weser-Renaissance“ Manfred Cordes hat für fünf Konzerte ein facettenreiches Konzept entworfen.

Es gibt mit der Fürstenhochzeit zu Florenz aus dem Jahr 1539 eine deutsche Erstaufführung, ihr folgt venezianische Weihnachtsmusik am 29.12.01 in Unser Lieben Frauen. Am 7.2.02 erklingt dann in der Glocke mit Neapolitanischen Impressionen Musik zum Karneval und in einem weiteren Konzert am 7.3.02 in der Oberen Rathaushalle Madrigale und Instrumentalmusik der Kunstzentren Mantua und Ferrara.

Die Rekonstruktion eines Festgottesdienstes um 1570, die Ostermesse in der römischen Peterskirche, beendet am 4.4.02 im St.Petri-Dom den Zyklus.

taz: Herr Cordes, Sie beginnen mit der Rekonstruktion der Fürstenhochzeit am Hof der Medici in Florenz. Was gibt es denn da für Abläufe, Gattungen, auf welche Quellen berufen Sie sich da?

Manfred Cordes: Wir haben da eine in der Renaissance einmalige Quellenlage. Es gibt vierstimmige Bücher, die damals schon als Dokumentation der Festlichkeit gedruckt wurden. Man feierte zwei Tage, am zweiten Tag gab es eine Komödie von Landi, die wir mit allen Besetzungsvorschriften haben. In den Texten geht es u.a. um schnellen männlichen Nachwuchs für das Geschlecht der Medici.

Florenz, Neapel, Mantua, Ferrara, Venedig: wie muss man sich den Austausch vorstellen?

Es gab natürlich eine wettbewerbsartige Fluktuation, alles hing vom Geld und Interesse der Fürsten ab. Die Herzöge von Mantua und Ferrara waren direkt musikfanatisch, hier entstanden Gattungen und Besetzungen, die in der Kirche nicht möglich waren.

In der Ostermesse singen Sie die berühmte „Missa Papae Marcelli“. Der Komponist Giovanni Pierluigi da Palestrina wird als „Retter der Kirchenmusik“ bezeichnet. Um was ging es da?

Am Konzil von Trient (1545 - 1563) wurde Dekadenz in der Kirchenmusik festgestellt: Die Texte seien durch eine schweifende Melodik und die Mehrstimmigkeit nicht mehr verständlich, es würden weltliche Vorlagen benutzt und vieles mehr. Palestrina hat sich einerseits an den neuen Vorschriften orientiert, hat aber andererseits da, wo es möglich war, große, melismatische Musik geschrieben. Wenn er nicht gewesen wäre, hätten die Kirchenleute es viel leichter gehabt, die Musik zu verbieten.

Herr Cordes, was können derartige Rekonstruktionen für uns noch bedeuten?

Dasselbe wie die Bilder und die Literatur der Zeit, mit denen wir uns ja auch beschäftigen. Die Musik allerdings braucht die Aufführung, sonst existiert sie ja nicht. Es braucht aber Konzepte, sonst macht die Wiedergabe von ehemals rein funktionaler Musik, die immer für einen bestimmten Zweck geschrieben wurde, keinen Sinn.

Interview:

Ute Schalz-Laurenze