dieser verdammte krieg (xxxlll)
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WIGLAF DROSTE führt heute das Kriegstagebuch der taz.

Immer frisch im Angebot: kritische Mitläufer

„Ein letzter Blick auf das Foto der Liebsten, vielleicht ein letzter Anruf, dann geht es los.“ Wer wird da von Bild an die Front geschickt? Es waren nur ein paar mäßige Fußballer. „Heute könnt ihr Helden werden!“, schrie Bild sie an.

So heruntergekommen sind die Deutschen: Eine unansehnliche Ackerei in der Relegationsrunde reicht aus, um einen zweifelhaften Heldentitel einzustreichen. Harald Martenstein vom Berliner Tagesspiegel aber mag Bild: „Bild berichtet bemerkenswert zurückhaltend, ohne diesen Hurrapatriotismus“. Martenstein hat in den letzten Monaten eine andere Bild gelesen als andere. „Muß man jubeln über einen Krieg, der unvermeidlich ist?“, fragt er. Ihn kann man fragen: Wenn man einen Krieg „unvermeidlich“ nennt, müßte man das nicht begründen?

Muß man aber nicht, in Kriegszeiten ist alles erlaubt, und vielen gefällt ja genau das. Gerhard Schröder spielte Willy Brandt: Er lud sich 30 Schriftsteller ein – die Geste, mit der Schröder Offenheit für Kritik simulieren wollte, ist die des absolutistischen Herrschers. Die bewährte Sitzsackriege um Grass, Walser und Jens vereinbarte direkt Vertraulichkeit und Stillschweigen. Grass ließ durchblicken, daß ein Kanzler, der sich seiner, der Grass’schen Denkerrübe, aussetze, wohl aus gutem Holze geschnitzt sein müsse, und Jens, die landbekannte Logorrhöe, lief mit der schwer ketzerischen Selbstverständlichkeit durch die Gegend, auf die uneingeschränkte Solidarität der Schriftsteller könne sich Schröder nicht verlassen. So ist er, der deutsche Intellektuelle: In kritischer Tünche mitlaufen und mittragen, das ist sein Leben und sein Glück.