Völkerwanderung der Talente

Hamburg ist der Staubsauger für den ambitionierten Hockeynachwuchs  ■ Von Claudia Klatt

Politisch mag Berlin noch Hauptstadt sein, im Hockey ist es spätestens mit der morgen beginnenden Hallensaison endgültig Hamburg. Die Hansestadt erfreut sich dabei vor allem bei Nationalspielern grosser Beliebtheit.

„Das hat schon etwas, wenn man zu einem Club kommt und dann gleich Deutscher Meister wird,“ stellt Nationalspieler und Ex-Berliner Tobias Hentschel fest. Der 22-Jährige befolgte den Ratschlag des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) und wechselte vom zweitklassigen SC Charlottenburg zum Hamburger Bundesligisten Club an der Alster, um seinen Platz in der Nationalmannschaft durch mehr Bundesligaerfahrung festigen zu können. Dabei hätte Hentschel zu einigen Clubs wechseln können. Denn sowohl die in der Feld- als auch in der Hallenbundesliga vertretenen Clubs Harvestehude (HTHC), Uhlenhorst (UHC) und auch der Club an der Alster sind Dauerteilnehmer an den Endrunden um die deutsche Meisterschaft und Hamburg als Ho-ckeystandort deshalb so attraktiv. In der aus Kostengründen viergeteilten Hallenbundesliga kommen aus Hamburg sogar noch Flottbek und der Aufsteiger Klipper dazu.

Aus dem aktuellen Nationalmannschaftskader schwingen Eike Duckwitz beim UHC, Sebastian Biederlack und Tobias Hentschel beim Club an der Alster den Schläger. Michael Green, Florian Keller, Christoph Bechmann sowie Torwart Clemens Arnold beim HTHC.

Der Sogwirkung Hamburgs in Sachen Hockey müssen vor allem die Berliner Vereine Tribut zollen. Nach Florian Keller vom Berliner HC und eben Tobias Hentschel, die bereits zur vergangenen Feldsaison an die Alster wechselten, zieht mit Jamilon Mülders, der zum HTHC wechselt, nun der dritte Nationalspieler von der Spree an die Elbe. „In Berlin kriegen sie das einfach nicht hin, alle richtig guten Spieler zu versammeln“, resümiert Mülders. In der Hauptstadt würden die Vereine gegeneinander arbeiten. Das Hockey sei durch die „Konzentration einfach besser in Hamburg“, sagt der Rückkehrer, der nach seinen Engagements beim UHC und dem Club an der Alster bereits zum dritten Mal bei einem Hamburger Verein angeheuert hat.

Ähnliches wie der Berliner erzählt auch der Stuttgarter Sascha Reinelt: Der Schwabe spielte bei Harvestehude und war schon in seinem zweiten Jahr in der Hansestadt mit dem HTHC Deutscher Meister. Ein Titel ermöglicht jungen Spielern, sich auf internationaler Bühne beim Europapokal zu profilieren.

Einen zusätzlichen Anreiz für die Spieler aus anderen Städten bieten die hanseatischen Clubs, indem sie die Umworbenen bei der Wohnungs- oder Jobsuche unterstützen. Zudem lassen die zumeist gut situierten Clubs den jungen Stickschwingern schon die eine oder andere Mark zukommen. Ein Zubrot, dass sonst in der Amateursportart Hockey weitgehend unüblich ist. Den meist jungen Akteuren geht es um die professionelle Ausübung ihres Sports und die damit verknüpfte Empfehlung für die Nationalmannschaft.

Außerdem ist in Hamburg das Zuschauerinteresse höher als anderswo im Rest der Republik. Insbesondere bei den fast ausschließlich vorkommenden Lokalderbys sind die Hallen häufig ausverkauft. Bis auf Braunschweig spielen ausschließlich Hamburger Mannschaften in der Bundesliga Nord, die von Spöttern als U-Bahn-Liga bezeichnet wird, da fast alle Mannschaften auf einer Linie liegen.

Einzige Endstation für die Spieler ist die berufliche Perspektive, da im Hockey keine Gehälter gezahlt werden können. So bleibt Spielern wie Sascha Reinelt nur das Zugticket zurück nach Baden-Württemberg.

Sa, 15 h: Alster - Klipper (Deuteron-Halle, Mittelweg), UHC - Braunschweig (UHC-Halle, Wesselblek), Großflottbek - HTHC (Chris-tianeum); So, 16 h: HTHC - UHC (HTHC-Halle, Barmbekerstraße), 17 h: Klipper - Großflottbek (Kli-pper-Halle, Eckerkamp)