Vom Schnippeltisch direkt ins Hotelbett

■ AnästhesistInnengruppe plant eine neue Tagesklinik an der Munte

Operiert werden und anschließend die Nacht im benachbarten Hotel verbringen? Diese Vision wird demnächst Wirklichkeit in Schwachhausen. Die Ärztegruppe Riedel und Partner will neben dem Hotel Munte an der Parkallee eine neue Tagesklinik für ambulante Operationen bauen. In dieser Woche hat Anästhesist Thomas Riedel sein Projekt in einer nur spärlich besuchten öffentlichen Einwohnerversammlung in Schwachhausen unter Leitung des stellvertretenden Ortsamtsleiters Ernst Kittlaus vorgestellt.

„60 Prozent aller Operationen, die heute mit Klinikaufenthalt durchgeführt werden“, schätzt Geschäftsführer Riedel, „können auch ambulant vorgenommen werden. Wenn wir eine Übernachtung hinzurechnen, sogar 80 Prozent.“ Der künftige Markt ist also groß. Um das Potenzial voll ausschöpfen zu können, kooperiert Riedel gezielt mit dem Hotel Munte. Die künftige Klinik wird einen Gang haben, der direkt in den Osttrakt des Hotels führt. Das Projekt birgt für beide Seiten Vorteile. Riedel muss keine eigene Übernachtungsmöglichkeit bauen, und das Hotel bekommt kontinuierlich Gäste zugeführt, wenn auch nur für eine Nacht. Die normalen Hotelgäste können nachts einen Teil der neuen Parkplätze nutzen.

„Ich musste allerdings darauf achten, dass der Übernachtungspreis die 150 Mark nicht überschreitet“, sagte Riedel. Schließlich muss er noch mit den Krankenkassen wegen der Kostenübernahme verhandeln. „Ich will schließlich nicht nur Privatpatienten“, fügt er hinzu. „Und die meisten Menschen schlafen nun mal lieber im eigenen Bett als im Krankenhaus oder im Hotel.“ Für die Kassen dürfte sich die Hotelübernachtung allemal rechnen, koste doch eine Krankenhausnacht im Schnitt etwa 750 Mark.

Der viergeschossige Rundbau, der überwiegend aus Glas, Stahl und Sandstein bestehen soll, soll alle Arten von Operationen ermöglichen. Die Betreiber selbst sind nur AnästhesistInnen. „Wir holen uns je nach Bedarf die Fachchirurgen dazu, machen die Narkose und stellen die Technik zur Verfügung“, erklärt Riedel das Prinzip. Er operiert bereits ambulant – und ist mit 10.000 OPs im Jahr an die Kapazitätsgrenze seiner bisherigen Räumlichkeiten in der Universitätsallee gelangt.

Der Bauausschuss des Beirates hatte das Projekt einstimmig bewilligt, drohten doch ungleich scheußlichere Alternativen wie eine kompakte Bürobebauung. Doch die wenigen Anwohner gaben ohnehin keine Bedenken zu Protokoll. Bootsbesitzer und Technisches Hilfswerk (THW) befürchteten lediglich, mit ihren bis zu 20 Meter langen Gespannen nicht mehr um die Kurve in der dann leicht verengten Straße zu kommen. Riedel und das Planungsamt versprachen unkomplizierte Abhilfe.

Zweifelsohne will Riedel Geld verdienen. Mit Glück trägt er gleichzeitig zur Kostendämpfung bei. Doch ihn treibt auch „eine Vision“: „Ich will zeigen, dass es auch außerhalb der Krankenhäuser möglich ist, auf hohem medizinischen Niveau zu operieren.“ Die Baudeputation gibt am 15. Dezember eine erste Empfehlung. Anschließend ist der Beirat an der Reihe.

Thomas Gebel