Arbeitssieg ohne Antworten

Nach dem soliden 3:0 über den VfL Wolfsburg darf Hertha BSC Berlin als Bundesligafünfter Konsolidierung melden. Und die alte Frage hervorkramen: Ist man reif für ganz oben?

von MARKUS VÖLKER

Frage: Wo steht Hertha?

Anwort Dieter Hoeneß: „Auf dem fünften Platz.“ Lächeln Hoeneß.

Keine schlechte Strategie des Managers, Faktenhuberei zu betreiben. Der fünfte Platz hört sich ganz gut an. Sichert die Teilnahme am Uefa-Cup. Von ihm aus könnte man den Angriff auf die Führenden starten. Aber ist Hertha reif dafür ? Von den Fab Four der Bundesliga, also Leverkusen, Bayern, Kaiserslautern und Dortmund trennen die Berliner ein paar Punkte.

Nur Punkte? „Hinten stehen wir gut“, sagt Hoeneß. „Das ist im Moment die Basis, auch die Laufbereitschaft ist da.“ Und: “Die Positionen werden besetzt, das ist wichtig.“ Was klingt wie das kleine Einmaleins des Fußballs, ist derzeit Herthas großes Kompendium des Kickens. In solchen Büchern, die auf keiner Bestsellerliste stehen, liest man Sätze wie: „Sichern Sie erst einmal nach hinten ab, bevor Sie sich nach vorne wagen“. Undsoweiter. Gespickt voll sind sie mit den Attributen „glanzlos, kämpferisch, abwartend“ und im Vorwort steht die Warnung, dass diese Art des Spiels einigermaßen erfolgversprechend ist, die Zuschauer aber mit der Zeit extrem langweilen könnte.

Gegen Wolfsburg trat Hertha mit fünf (!) Abwehrspielern an. Vier reihten sich in der Kette auf und Rob Maas (defensives Mittelfeld) verfolgte Wolfsburgs Spielmacher Dietmar Kühbauer klassisch-manndeckend. Vom Dreimannsturm, diesmal besetzt mit Preetz, Beinlich und Marcelinho, war nur so viel gewiss, dass Preetz meist in Strafraumnähe zu finden war und die anderen beiden manchmal – wenn sie nicht gerade „nach hinten absicherten“ (Trainer Jürgen Röber) und dafür sorgten, dass Hertha BSC „gefestigt stand“.

Es ist immer wieder überraschend, dass sich Berlins Gegner in den ersten 20 Minuten überrumpeln lassen. Schaut Wolfgang Wolf keine Videos oder weshalb staunte der VfL-Trainer über die Übermacht auf Herthas linker Angriffsseite? Dort sorgten zu Beginn drei Blauweiße (der hervorragende Marcelinho, der brave Hartmann und der mit zunehmender Spielzeit immer träger wirkende Beinlich) für einen Hot Spot, auf den Wolfsburg offenbar unvorbereitet war.

Also brauchte Berlin nur die Anfangsphase von einer beliebigen Partie dieser Spielzeit abzupausen, kam somit zu Chancen und stand, nachdem Wolfsburg auf links endlich bunkerte, nur deshalb nicht mit leeren Händen da, weil Hans Sarpei (21.) ein Eigentor schoss. Wolfsburg entdeckte erst die eigenen Möglichkeiten, als Rob Maas mit Gelb-Rot (38.) vom Platz flog. Das dauerte allerdings nur drei Minuten, denn der von seinem Verfolger befreite Kühbauer verfolgte nun seinerseits Maas in die Katakomben. Der Österreicher hatte nachgetreten und Rot gesehen.

Wolf fand das „unverzeihlich“, wenngleich sein Team fortan den Eindruck vermittelte, es sei noch in Überzahl. Röber sagte: „Aber die sind nur bis zum 16er gekommen und da standen wir ganz gut. Es war halt ein Arbeitssieg, nichts anderes war zu erwarten.“ Der Arbeitssieg fand durch einen Konter seine Vollendung. Bart Goor traf (81.).

Was vom Arbeitssiege übrig bleibt: Für Hertha die Gewissheit, auf Platz fünf zu stehen und sich lieber an die Fakten zu halten, als ins Detail zu gehen. Denn dort lauert bekanntlich der Teufel. Und den kann eine fragil-gefestigte Hertha trotz vier Erfolgen in Serie derzeit überhaupt nicht gebrauchen.