Blutiger Start für Simbabwes Wahlkampf

Der ungeklärte Mord an Kriegsveteranenführer Nkala war Auslöser einer Welle der Gewalt in der Oppositionshochburg Bulawayo, wenige Monate vor Präsidentschaftswahlen. Gestern wurde Nkala als „Nationalheld“ beigesetzt

Unbekannte Männer entführten Milizenchef Nkala vor den Augen seiner Frau

BERLIN taz ■ Der mysteriöse Mord an einem Milizenführer bringt Simbabwe an den Rand eines bewaffneten Konflikts. Bulawayo, die sonst eher schläfrige zweitgrößte Stadt des Landes, erlebte am Freitag bürgerkriegsähnliche Szenen: Zuerst zogen 300 so genannte Kriegsveteranen unter Polizeischutz durch die Stadt, zündeten den örtlichen Sitz der Oppositionspartei MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) an, trieben den MDC-Bürgermeister der Stadt in die Flucht und plünderten Straßenmärkte. Als Reaktion darauf brannte eine Menge von bis zu 2.000 MDC-Unterstützern eine Schule im Besitz eines Funktionärs der Regierungspartei Zanu-PF (Simbabwe–Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) ab.

In Simbabwe herrscht eine politische Krise. Die Regierung von Präsident Robert Mugabe geht mit Gewalt gegen ihre Gegner vor, seit sie im Februar 2000 ein Verfassungsreferendum verlor. Ausführende der Gewalt sind regierungstreue Milizen, organisiert von Führern der Veteranenverbände aus dem Unabhängigkeitskrieg der 70er-Jahre und daher als „Kriegsveteranen“ bezeichnet, obwohl sie zumeist aus Jugendlichen bestehen. Nahezu 40 Menschen starben vor den Parlamentswahlen vom Juni 2000, die die Zanu-PF knapp gegen die MDC gewann. Für März 2002 werden Präsidentschaftswahlen erwartet, und so nimmt die Gewalt jetzt wieder zu.

Hochburg der Opposition ist der Süden des Landes, das Matabeleland um Bulawayo, wo die Regierungsarmee in den frühen 80er-Jahren tausende von Menschen tötete, weil sie im Unabhängigkeitskrieg die falsche Partei unterstützt hatten. Die MDC hält dort alle Wahlkreise und regiert auch die Stadt Bulawayo. Kein Wunder, dass sich die Spannung jetzt dort entlud. Direkter Auslöser war die Entführung von Cain Nkala, Vorsitzender der Kriegsveteranenvereinigung von Bulawayo. Zehn unbekannte bewaffnete Männer verschleppten ihn am 5. November vor den Augen seine Frau aus seinem Haus. Nkala war angeklagt, an der Entführung des bis heute verschwundenen MDC-Wahlhelfers Patrick Nabanyama im Juni 2000 beteiligt gewesen zu sein. So machten Simbabwes Kriegsveteranenführer sofort die Opposition für Nkalas Entführung verantwortlich. „Dies ist das Werk der MDC“, sagte der Generalsekretär der Veteranenverbandes, Endy Mhlanga. „Sie haben den Kriegsveteranen den Krieg erklärt. Sie sollten uns nicht dafür verantwortlich machen, was als Nächstes passiert“.

Am 13. November entdeckte die Polizei Nkalas Leiche 40 Kilometer südwestlich von Bulawayo. Seitdem jagen die Veteranenmilizen in der Stadt alles, was nach MDC aussieht. Die MDC bestreitet jedoch, etwas mit Nkalas Tod zu tun zu haben, und verweist auf Streit innerhalb der Veteranenverbände. Das hinderte die Polizei nicht, letzte Woche Dutzende von MDC-Aktivisten zu verhaften. Zwei Jugendliche, die als MDC-Mitglieder vorgestellt wurden, sollen sogar die Entführung gestanden haben; die Partei bestreitet, dass sie MDC-Mitglieder seien. Zivilgesellschaftliche Gruppen bewerten Nkalas Entführung als Ausdruck der Rechtlosigkeit im Land und weisen darauf hin, dass nach seinem Tod das Verschwinden des MDC-Wahlhelfers Nabanyama unaufgeklärt bleiben wird.

Die Gewalt vom Freitag wird als Startschuss eines blutigen Präsidentschaftswahlkampfes gewertet. Gestern wurde Cain Nkala bei einer gigantischen staatlichen Feier in der Hauptstadt Harare als „Nationalheld“ beigesetzt. Präsident Mugabe machte „innere und äußere Feinde“ für die Ermordung des Veteranen verantwortlich und drohte der MDC: „Ihre Tage sind gezählt.“ DOMINIC JOHNSON