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Bei binationalen Paaren zählt vor Gericht einzig die Liebe

■ Bewährungsstrafe für 28-Jährige, die einen Mazedonier nur scheinbar geheiratet haben soll

Der Bekannte fragte, gefällt sie dir, und sie gefiel. Auch Alexandra G. empfand Sympathie für den Mann, den sie heiraten sollte. Mittlerweile, sagt sie, ist aus der Bekanntschaft sogar Liebe geworden. Das Ja-Wort hatten sich die beiden aber noch aus anderen Gründen gegeben. Sie brauchte Geld, der Mazedonier ein Aufenthaltsrecht in Deutschland. Motive, welche die deutsche Rechtsordnung nicht akzeptiert. Das Amtsgericht Wandsbek verurteilte gestern Alexandra G. wegen „Einschleusens von Ausländern“ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung.

Ihr Anwalt Dieter Nobiling ist empört. Ein „normaler Fall“ der Scheinehe sei das nicht, schließlich würden die beiden als Paar zusammenleben, sagt er gegenüber der taz. Und überhaupt, fragt er, wann ist eine Ehe schon normal? Vor Gericht hatte er das allerdings nicht vorgetragen. Da hatte er gesagt, seine Mandantin räume die Eheschließung aus finanziellen Gründen ein, und was später kam, inte-ressiere für den Tatvorwurf nicht. Das Gericht fand das auch. „Scheinehe“ warf der Richter Alexandra G. vor. Um eine „normale Heirat“, so auch die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer, handele es sich nicht, „auch wenn man sich später zusammengerauft hat“.

Was aber eine „normale Heirat“ ist, führten auch Richter und Staatsanwältin nicht aus. Bei deutschen Paaren fragt ohnehin niemand nach dem Motiv. Da gelten auch finanzielle Gründe als legitim. Steuererleichterungen beispielsweise sind Privatsache und kein Politikum. Bei binationalen Paaren aber gilt als Motiv einzig die Liebe, und die muss beweisbar sein. Durch eine gemeinsame Wohnung, einen gemeinsamen Freundeskreis. Ob bei Alexandra G. und ihrem Mann davon auszugehen ist, hatten deutsche Behörden von der Polizei überprüfen lassen. Im Februar drangen PolizistInnen zur Hausdurchsuchung in die Wohnung der jungen Ehefrau ein.

Ein gemeinsamer Bekannter hatte die Ehe vermittelt. Alexandra G. hatte sich von diesem „ein bisschen beschnacken“ lassen. Schwer fiel ihm das nicht, denn Alexandra G. brauchte dringend Geld. Mit einem eigenen Laden hatte sich die 28-Jährige verschuldet, und plötzlich sollte sie 6000 Mark bekommen für ein Ja-Wort vor dem Standesamt, einfach so. Irgendwann flog jener Bekannte auf, der in Skopje eine Art Heiratsvermittlung betrieben hatte. Über dessen Unterlagen wurde die Polizei auf Alexandra G. aufmerksam. Die lebte zu dem Zeitpunkt bereits in echter ehelicher Gemeinschaft mit ihrem Gatten.

Der hat demnächst seinen eigenen Prozess. Sollte auch er verurteilt werden, verliert er sein Recht auf Aufenthalt. Elke Spanner

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