Wahlversprechen auf Kredit

Entgegen allen Ankündigungen: Der Schwarz-Schill-Senat will nun doch Schulden machen, um das neue Haushaltsloch zu stopfen  ■ Von Peter Ahrens

Der neue CDU-Finanzsenator Wolfgang Peiner blickt in ein Loch. Das gähnt da, wo vorher noch Geld vermutet worden war. In den kommenden zwei Jahren kommen weit heftigere Steuerausfälle auf Hamburg zu, als bisher bekannt war, verkündete er gestern. Um dies einigermaßen zu kompensieren, wendet der Senat ein Mittel an, das die Union vor der Wahl bei Rot-Grün noch als Teufelswerk gebrandmarkt hatte. Man werde nun doch zum Instrument der Neuverschuldung greifen – obwohl dies vorher immer ausgeschlossen worden war.

Besonders der jetzige Fraktionschef der CDU in der Bürgerschaft, Michael Freytag, hatte vor der Wahl in seiner Funktion als haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion das Schuldenmachen, um Löcher zu stopfen, definitiv abgelehnt. Und auch im Koalitionsvertrag steht eindeutig als Ziel: „Stoppen der Schuldenspirale durch Abbau oder Vermeidung weiterer Nettokreditaufnahme“. Dies gilt vorerst nicht mehr, und Peiner behauptet plötzlich, ihm sei „kein Signal aus dem Senat bekannt, dass es keine Neuverschuldung mehr geben darf“. Und selbst Freytag spricht zwar von einer „sehr schwierigen Situation“, aber von der „intelligenteren Lösung“ als der, öffentliches Eigentum „hektisch und unter Preis zu verramschen“.

Peiner hält die Neuverschuldung für die einzige Möglichkeit, dem aus dem Ruder laufenden Defizit Herr zu werden. Nach der aktuellen Steuerschätzung steigt das Defizit Hamburgs im Betriebshaushalt nur im Jahr 2001 auf 1,1 Milliarden Mark, das sind 600 Millionen Mark mehr, als noch vor einem Jahr von der damaligen SPD-Ressortchefin Ingrid Nümann-Seidewinkel geschätzt. Die Auswirkungen der Steuerreform und der lahmenden Konjunktur machte Peiner dafür besonders verantwortlich. Bei der Lohnsteuer fehlen Hamburg 140 Millionen Mark, bei der Körperschaftssteuer 300 Millionen, die Umsatzsteuer bringt ein Minus von 100 Millionen Mark, und die Gewerbesteuer noch einmal 200 Millionen Mark Miese. Entwicklungen, die sich auch im kommenden Jahr fortsetzen. Dabei habe man den „Kassensturz“, den die CDU immer wieder gerne ankündigt, noch gar nicht beendet. „Niemand von uns weiß, wie hoch die Verschuldung dieser Stadt wirklich ist“, sagt der Finanzsenator.

Von den Versprechen, PolizistInnen und LehrerInnen einzustellen, wolle man trotzdem nicht abgehen. In anderen Bereichen habe dagegen „strikteste Ausgabendisziplin“ zu herrschen, kündigte Freytag an. Im Klartext: Für die Ausgaben bei der Inneren Sicherheit und der Bildung wird anderswo massiv gekürzt. Wo das sein wird, will der Senat frühes-tens am 18. Dezember entscheiden, wenn der Haushalt fürs kommende Jahr beraten wird.

Für SPD-Fraktionschef Uwe Grund hat sich mit den Ankündigungen Peiners ein weiteres „unseriöses Wahlversprechen“ erledigt. „Die Regierung wollte keine Schulden machen, jetzt wird sie auch in der Finanzpolitik von der Wirklichkeit eingeholt.“