Wir wollten keinen bequemen Film machen

■ Ab Donnerstag läuft ein wirklich junger deutscher Film im Kino: „Nichts bereuen“. Die taz sprach mit Regisseur Benjamin Quabeck

Er sieht seinem Protagonisten schon sehr ähnlich, der 25jährige Regisseur Benjamin Quabeck, der in „Nichts bereuen“ von dem 19jährigen Daniel (verkörpert von Daniel Brühl) erzählt, der sich im Leben noch nicht zurechtfindet, an der ersten großen Liebe verzweifelt und in tragikomische Alltagskatastophen stolpert. Einen filmischen Entwicklungsroman hat er gemacht, in dem viel Autobiografisches steckt. Wohl deshalb ist ihm der Film so gut gelungen: Er ist ganz ohne falsche Töne, modische oder kommerzielle Zugeständnisse, dumme Comic-Elemente oder was man sonst zu oft in deutschen Spielfilmen findet: ein wahrhaftig und sehr sympathisch wirkendes Filmdebüt, wohl auch weil der Held so offensichtlich ein Alter Ego des Filmemachers ist.

taz: Herr Quabeck, wissen Sie eigentlich, dass Sie jetzt die Gelegenheit haben, einen Glücksfall der Filmgeschichte zu wiederholen? Wie François Truffaut in seinem ersten großen Film „Sie küss-ten und sie schlugen ihn“ erzählen Sie einerseits von ihrer eigenen Jugend und haben dafür einen idealen Darsteller gefunden. Wenn Sie nun immer mal wieder in den verschiedenen Lebensphasen eine Fortsetzung mit Daniel Brühl machen würden, könnten Sie eine ähnliche Serie wie Truffauts Antoine Doinel-Filme mit Jean-Pierre Léaud schaffen.

Benjamin Quabeck: Das ist eine schöne Idee, und es wäre super, wenn ich so mit Daniel Brühl weiterarbeiten könnte. Im nächsten Projekt macht er nicht mit, aber vielleicht danach wieder. Und ich mag natürlich den Vergleich mit Truffaut sehr gerne. Der ist eines meiner Vorbilder, und wir hatten uns bei „Nichts bereuen“ auch vorgenommen, einen möglichst französischen Film zu machen.

Aber begonnen hat das Projekt doch als ein Roman von Ihnen.

Ja, den habe ich vor zweieinhalb Jahren geschrieben, aber er ist erst vor ein paar Monaten bei Goldmann erschienen. Ich wollte schon immer mal probieren, einen Roman zu schreiben. Das hat dann öfter schon nicht richtig geklappt, aber bei dieser Geschichte stand mir alles plötzlich klar vor Augen, auch mit Daniel in der Hauptrolle. Ich hatte mit ihm einen Kurzfilm gemacht und musste dann unbedingt mit ihm die Geschichte erzählen. Aber ich wollte mich nicht hinsetzten, und gleich ein Drehbuch schreiben, weil nicht klar war, ob das jemals finanziert werden könnte. Da hab ich dann alles einfach mal heruntergeschrieben.

Man braucht ja eine Zeit lang, um sich in dem Film wohlzufühlen, und das hat wohl in erster Linie mit dem kalten, verwaschenen Licht zu tun, in dem er gehalten ist. Sehr gemütlich sieht es da ja nicht gerade aus.

Es soll auch ungemütlich sein. Wir wollten auf keinen Fall einen bequemen Film machen, wir wollten nicht die Sehgewohnheiten bedienen und statt dessen so etwas wie einen Straßenfilm machen. Der soll aussehen, als wäre er einfach so auf der Straße gedreht worden. Die im Kopierwerk haben wahrscheinlich gedacht, wir hätten das Filmmaterial misshandelt, weil wir so viel überbelichtet und mit Bleichbad gearbeitet haben, um diese Entsättigung und starken Kontraste hinzukriegen. Man sollte sich auch ein wenig in den Film hineinkämpfen müssen.

Es gibt ja schon einige von solchen Geschichten, Büchern und Filmen von den Pubertätsproblemen junger Männer. Angefangen mit Salingers „Fänger im Roggen“ bis zu den Abschlussball-Teenie-Komödien.

Für mich war es ein Punkt, dass es so etwas in Deutschland nicht gab. Als wir vor zweieinhalb Jahren mit dem Projekt angefangen haben, war etwa „Crazy“ noch nicht gedreht. In den USA sind die „coming-of-age-Filme ein Genre, und so etwas wollte ich auch einmal in Deutschland erzählen. Authentisch erzählen, sodass man den Leuten glaubt, was sie sagen, weil die Geschichte und die Charaktere das Wichtige sind und nicht die Gags. Ein Film, von dem ich sehr begeis-tert bin, ist „Die Reifeprüfung“ mit Dustin Hoffman. Diese lakonische Stimmung und dieses durchs Leben getrieben werden, sind ja in „Nichts bereuen“ auch drin.

Das Gespräch führte W. Hippen

„Nichts bereuen“ läuft heute Abend noch in der Schauburg und muss dann vor „Harry Potter“ ins Filmstudio weichen