Mit viel sprachlichem Witz

■ Transplantationsmedizin auf der Schippe: Dea Lohers „Magazin des Glücks II“ am Thalia in der Gaußstraße

Magazin des Glücks II könnte auch „Vom Glück, neue Hände zu haben“ heißen. Nahm das letzte Miniaturstück der Autorin Dea Loher noch „Licht“ als Metapher für die Lebens- und Leidensgeschichte der Hannelore Kohl, sind es diesmal „Hände“, die es Loher angetan haben. Die Vorgabe, auf ein aktuelles politisches Ereignis zu reagieren, ließ sie den Sprung von der Politikergattin zur Transplantationsmedizin wagen. Auf das Experiment, alle sechs Wochen ein neues Stück zu machen, haben offensichtlich beide noch Lust,, die Autorin und ihr Regisseur Andreas Kriegenburg, der sich hier erneut bunt und schräg ausprobieren kann.

Zunächst stehen zwei Figuren in Sträflingskleidung vor dem Vorhang. Erst später stellt sich heraus, der eine, Hinnerk Schönemann ist ein unbekannter toter Motorradfahrer, abgekürzt „Untomo“, der andere, Clemens Dönicke, ein Mörder, genannt Killer. Der Vorhang hebt sich und zu sehen ist eine eigenartige Eiswüste, darin vier Figuren, die einem Comic entsprungen zu sein scheinen, weiß geschminkt, in grellen, dick ausgestopften Kostümen mit seltsam verkürzten Beinen und überdimensionalen Händen.

Wir befinden uns mitten in einem Trash-Movie. Nick Caves „Into my Arms“ ertönt vom Band. Wir betreten die Welt von zwei Männern, denen durch Unfälle mit Kettensägen oder Briefbomben die Hände abhanden gekommen sind. Und wir blicken in die pervertierte Gedankenwelt ihrer Frauen (Marina Wandruszka und Victoria Trauttmansdorff), die sich darüber auslassen, wo die Ersatzhände herkommen und was man Reizvolles – auch Sexuelles – mit Händen (oder Stümpfen) anstellen kann. „Danke, Frau Loher“, flüstert der eine unbekannte Tote immer wieder ins Publikum und hat die Lacher auf seiner Seite.

Auch Lohers Wortspiele sind stets eine Freude. Unterschwellig hinterfragt sie die kritischen Aspekte der Organspende: Was ist, wenn man die Hand eines Mörders erhält? Kann man hinterher überhaupt etwas fühlen? Die Derbheit mancher Sätze lässt die Grenze des guten Geschmacks hinter sich: „Wir gehen nicht in einen Stumm(pf)film, sondern in einen mit Hand(lung)“, kräht Frau 2. Es sei Dea Loher bei ihrem kunstfertigen Sprachwitz verziehen. Danke, Frau Loher. Annette Stiekele

nur noch heuteund morgen, 20 Uhr, Thalia/Gaußstraße