Private ballern billiger

Scholz-Kommission legt Abschlussbericht vor: Die Stadt soll öffentliche Aufgaben an private Firmen abgeben, um zu sparen. Die Berliner Geldprobleme lassen sich so aber nicht lösen, der Bund soll ran

von RICHARD ROTHER

Berlin kann aller Sparanstrengungen zum Trotz sein Haushaltsproblem nicht ohne wesentliche Hilfe des Bundes bewältigen. Zu diesem Ergebnis kommt die unabhängige so genannte Scholz-Kommission, die gestern ihren Abschlussbericht dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowerei (SPD) übergeben hat. Die Kommission unter Führung des CDU-Rechtsexperten Rupert Scholz hatte eineinhalb Jahre lang die öffentliche Verwaltung Berlins einer deutlichen Aufgabenkritik unterzogen und nach Sparpotenzialen geforscht.

Der Bund müsse wesentlich stärker als bisher Verantwortung in der Hauptstadt übernehmen, so Scholz. Die Stadt könne ihre Aufgaben als Kommune, Land und Bundeshauptstadt nicht allein leisten. „Berlin muss aber seine Hausaufgaben machen.“ Durch eine konsequente Überprüfung aller Aufgaben, die der Staat für seine Bürger erbringt, könnten Einsparungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Mark erzielt werden. Im kommenden Jahr fehlen jedoch rund zehn Milliarden Mark, ein Viertel des Gesamthaushaltes.

Es gehe aber nicht um einen Abbau öffentlicher Aufgaben – etwa Kinderbetreuung, Sicherung von Gebäuden, Erteilung von Baugenehmigungen etc. – sondern um eine konsequente Steuerung der Aufgabenwahrnehmung, so Scholz. „Der Staat muss nicht alles selber machen.“

Ein Beispiel: Die Scholz-Kommission bemängelt, dass der Anteil städtischer Kitas an der Kinderbetreuung überdurchschnittlich hoch ist. Er beträgt etwa 69 Prozent. Nach Ansicht der Kommissionsexperten könnten freie Träger die Kinderbetreuung günstiger übernehmen, der Staat dadurch Geld sparen. Mit diesem Vorschlag ist der konservative Scholz auf einer Linie mit den alternativen Grünen, die 3.000 Kita-Stellen im öffentlichen Dienst durch Auslagerung einsparen wollen.

Der Haken daran: Die Kitas freier Träger sind deshalb günstiger als staatliche Kitas, weil die Beschäftigten weniger verdienen und weil Eltern zum Teil erhebliche Leistungen – Essen kochen, Betreuungen übernehmen – erbringen müssen. Die Leitbilder der konservativen Sozialethik – Subsidiarität und Eigenverantwortung – korrespondieren hier direkt mit dem alternativen Drang nach Selbstbestimmung und -verwaltung.

Die Gewerkschaften lehnen das ab. „Das Staatsverständnis des Herrn Scholz ist nicht unseres“, sagte Ver.di-Verwaltungsexperte Burkhardt Thiemann. Es dürfe keinen „Ausverkauf öffentlicher Aufgaben“ geben. Thiemann kritisierte zudem, dass die Scholz-Kommission nicht mit konkreten Zahlen belegen können, welche finanziellen Einsparungen sich durch die Verwirklichung ihrer Vorschlägen realissieren ließen. „Das ist Ideologie pur.“

Für die Modernisierung der Verwaltung schlägt die Scholz-Kommission eine IT-Infrastruktur und -Strategie vor. Diese soll durch ein Kompetenzzentrum erreicht werden, an dessen Spitze ein Informationsstaatssekretär stünde. Die öffentlichen Kassen sollen zudem zentralisiert und der Stellenplan des öffentlichen Dienstes der Finanzverwaltung zugeschlagen werden.

Zur Stärkung der politischen Strukturen fordert die Kommission die Richtlinienkompetenz für den Regierenden Bürgermeister sowie die Direktwahl der Bezirksbürgermeister. Zudem muss nach Ansicht der Kommission die Fusion von Berlin ud Brandenburg vorangetrieben werden. Hier sei viel zu wenig geschehen, so die Experten. für eine mit einer Fusion vergleichbaren engen Zusammenarbeit der Verwaltungen wäre eine Vielzahl von Staatsverträgen erforderlich, heißt es in dem Abschlussbericht. „Substanziell weiterführende Abschlüsse sind bisher nicht zu verzeichnen.“