Gesetzlich verbrieftes Recht

Der Vermieter muss dafür sorgen, dass sich die Wohnung in einem gebrauchstauglichen Zustand befindet. Treten Mängel auf, kann der Mieter die Miete mindern. Formalien sind einzuhalten

Die Höhe einer Mietminderung ist abhängig vom Einzelfall

Acht Jahre lang wohnte Wolfgang Traubert in der Altbauwohnung, und nie gab es Probleme. Doch im vergangenen Frühjahr, nach den strengen Winterfrösten, ließen sich plötzlich zwei der schon etwas älteren Fenster in der Küche nicht mehr dicht schließen.

Auch der Wasserfleck an einer Zimmerdecke wurde trotz wiederholter Aufforderung von der Hausverwaltung weder besichtigt noch gar beseitigt. „Von denen kommen nur leere Versprechungen“, beklagt der Mieter. Als dann noch der Ausbau des Dachgeschosses begann und die Handwerker den Inhalt ihrer Zementsäcke im gesamten Treppenhaus verteilten, platzte Wolfgang Traubert der Kragen: „Jetzt lasse ich den Anwalt schreiben.“

Der empfahl zunächst, die Miete zu kürzen. Denn kann ein Mieter seine Wohnung nicht so nutzen, wie er es normalerweise erwarten darf, liegt – juristisch gesprochen – ein „Mangel an der Mietsache“ vor. „Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten“, heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, § 535).

Alle Räume der Wohnung, Treppen, Flure, Keller und Zugänge müssen sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden. Technik muss funktionieren. Ist das nicht der Fall, ist der Wohnungsinhaber berechtigt, die Miete zu mindern.

Allerdings muss der Vermieter über etwaige Schäden und Mängel in Kenntnis gesetzt werden, aus Gründen der Beweiskraft am besten schriftlich. Er muss die Chance haben, den Mangel zu beheben. Unterlässt der Mieter die Mängelanzeige, so kann er dem Vermieter unter Umständen sogar zum Schadensersatz verpflichtet sein, soweit der Vermieter infolge der Unterlassung der Anzeige nicht Abhilfe schaffen konnte (BGB, § 536c).

Eine Minderung ist auch dann statthaft, wenn der Vermieter den Mangel nicht verschuldet oder verursacht hat. So können auch Lärm von einer benachbarten Diskothek, dauerhaft unangenehme Essengerüche im Haus von der Pizzeria im Erdgeschoss oder Schmutz und Staub von einer nahen Baustelle Mängel sein, die zur Mietminderung berechtigen.

Ist der Mieter für einen Mangel selbst verantwortlich, ist eine Mietkürzung ebenso ausgeschlossen wie bei Lappalien, beispielsweise einer defekten Glühbirne im Treppenhaus. Auch haushaltsübliche Kochgerüche im Treppenhaus müssen hingenommen werden. Ausgeschlossen ist eine Mietminderung auch dann, wenn der Mieter den Mangel schon bei der Wohnungsübernahme kannte. So lässt sich die Miete wegen schlechter Gehwege auf dem Hausgrundstück nicht mindern, wenn „dem Mieter die Baustelle sowie die provisorische Herrichtung der Zuwege bei Übernahme der Wohnung bekannt war und er sich Minderungsrechte nicht vorbehalten hat“ (AG Hohenschönhausen, Az. 13 C 333/98).

Über die Höhe einer Mietminderung gibt es keine allgemeingültigen Regeln, sie ist vom Einzelfall abhängig. Gerichtsentscheidungen geben hierzu aber Anhaltspunkte. Wird beispielsweise das Haus für Bauarbeiten so eingerüstet und mit Planen verhangen, dass der Balkon nicht genutzt werden kann und die Wohnung übermäßig abgedunkelt ist, befand das Amtsgericht Hamburg in einem Fall eine Minderung von 15 Prozent für angemessen. Auch rostiges Leitungswasser (10 Prozent, AG Köln), Lärm – beispielsweise durch Einwerfen von Glasflaschen im Hof zu unmöglichen Zeiten – haben schon Gerichte beschäftigt (10 Prozent, LG Berlin).

Führen Ungezieferbefall und fehlerhafte Schädlingsbekämpfung des Vermieters dazu, dass der Aufenthalt in der Wohnung unerträglich wird, ist die Miete bis auf „null“ gemindert. (AG Aachen, Az. 80 C 569/97). Und vor den Fenstern der Wohnung nistende Tauben mindern den Gebrauchswert der Mietwohnung erheblich, entschied das Amtsgericht Pforzheim in einem Fall. In Berlin ist man da aber anderer Meinung: Es sei hinzunehmen, dass sich Tauben in Altbauten der Großstädte aufhalten und gelegentlich auch dort nisten, meinten die Richter. Eine messbare Minderung der Wohnqualität sei nur dann anzunehmen, wenn infolge baulicher Gegebenheiten wie offen stehender Fenster einer leeren Wohnung oder Nischen in Dachvorsprüngen „Tauben erheblich vermehrt auftreten“ (LG Berlin, Az. 63 S 6/00).

Darüber, auf welchen Teil der Miete die Mietminderung zu beziehen ist, urteilen Richter unterschiedlich. „Nach Ansicht vieler Gerichte ist Grundlage die Kaltmiete plus Nebenkosten- plus Heizkostenvorauszahlung“, heißt es beim Deutschen Mieterbund. Andere berücksichtigten nur die Kaltmiete plus „kalte“ Nebenkosten, nicht aber die Heizkosten. Und die dritte Gruppe schließlich orientiere sich nur an der Kaltmiete ohne Neben- und Heizkosten. Das Gesetz sagt dazu nur, der Mieter habe für die Zeit, in der die Tauglichkeit gemindert ist, „eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten“ (BGB, § 536).

In einem Fall hatte der Mieter zwar um Beseitigung des Mangels gebeten. Auch die Mietminderung hatte er angekündigt. Doch dann verließ ihn offenbar der Mut: Er zahlte die Miete in voller Höhe ungemindert weiter. Auch hatte er nicht ausdrücklich erklärt, die monatliche Zahlung nur unter Vorbehalt zu leisten. Die Minderungsabsicht allein reiche jedoch nicht aus, erklärte dazu später das Amtsgericht Schöneberg. Die Richter hielten zwar in diesem Fall die vom Mieter geltend gemachte Minderungsquote von 20 Prozent grundsätzlich für berechtigt. Einen Anspruch auf Rückforderung der bis dahin zu viel gezahlten Miete aber verneinte das Gericht (Az. 7 C 284/97).

Diese Ansicht wurde jüngst vom Oberlandesgericht Naumburg bestätigt: „Macht der Mieter über einen längeren Zeitraum hinweg“ von seinem Minderungsrecht keinen Gebrauch und „zahlt er die Miete vorbehaltlos in der vereinbarten Höhe“, verliert er sein Minderungsrecht nicht nur für die Vergangenheit, sondern – zumindest für den zu spät monierten Mangel – auch für die Zukunft (Az. 9 U 179/00).

Im Zweifel sollte man hinsichtlich der Höhe der Mietminderung unbedingt eine Rechtsberatung aufsuchen, denn das Risiko, sich in der Einschätzung des Mangels zu irren, ist groß und der Abzugsbetrag wird möglicherweise zu hoch angesetzt. Zwar ist eine Kündigung wegen Ausübung des Minderungsrechts, auch bei irrtümlich überhöhter oder ungerechtfertigter Minderung ausgeschlossen. Doch läuft man Gefahr, die zu Unrecht geminderte Summe zurückzahlen zu müssen. Klauseln im Mietvertrag übrigens, die Minderungsrechte einschränken oder gar ausschließen, sind unwirksam. ANDREAS LOHSE