Ein Superreicher im Präsidentenpalast

Der Kandidat der Nationalen, Ricardo Maduro, wird Staatschef von Honduras. Er will gegen Korruption vorgehen

Ricardo Maduro ist ein Politiker, der sich nicht aufdrängt. Eher einer, der sich gern bitten lässt. Selbst wenn er schon im Amt ist, will er von seinen Parteifreunden weiterhin bekniet werden, er möge es doch bitte auch ausüben. Zum Beispiel als er von 1990 bis 1994 Präsident der Zentralbank und Chef des Wirtschaftskabinetts des damaligen Präsidenten Rafael Callejas war. Als eine Krise aufzog, trat er zurück, um nur wenige Wochen später als Retter ins Amt zurückzukehren. Als man ihn vor vier Jahren darum bat, Präsidentschaftskandidat zu werden, lehnte er ab. Seine Nationale Partei stellte frustriert die intellektuell beschränkte Witwe eines Exdiktators auf und verlor.

Jetzt aber, nach vier wirtschaftlich und sozial katastrophalen Jahren unter dem liberalen Präsidenten Carlos Roberto Flores, war ein leichter Wahlsieg absehbar, und Maduro trat an. Sein einziges Problem war seine Staatsbürgerschaft. Nach der Verfassung müssen Präsidentschaftskandidaten von Geburt Honduraner sein. Maduro aber, Sohn einer guatemaltekischen Mutter, bekam zunächst die Staatsbürgerschaft seines panamesischen Vaters. Im Wahlkampf aber präsentierte er eine Großmutter aus Honduras, die ihn per Blutrecht von Anfang an zum Bürger dieses Landes gemacht habe. Vorher hatte er schon so sehr Stimmung für sich gemacht, dass jede Wahlgerichtsentscheidung gegen ihn zu Unruhen geführt hätte.

Maduro kann es sich leisten, sich bitten zu lassen. Das Präsidentenamt in Honduras wurde von den meisten seiner Vorgänger zur persönlichen Bereicherung benutzt, und das hat der 55-Jährige nicht nötig. Er gehört zu den Superreichen des Landes. Sein Familienclan beherrscht ein Imperium aus Fischereibetrieben, Banken und Supermarktketten. Maduro, der an der Universität Stanford in den USA Wirtschaft studiert hat, ist oberster Verwalter des Konzerns.

Genauso, wie er seine privaten Geschäfte führt, betreibt er auch Politik. Eigentlich müsste ihn die Mehrheit der Honduraner in denkbar schlechter Erinnerung haben. Als Chef des Wirtschaftskabinetts hat er Anfang der Neunzigerjahre die Privatisierungswelle angeschoben und die Preiskontrollen für Grundnahrungsmittel aufgehoben. Der damalige Präsident Callejas und seine Freunde wurden dadurch reich. Zehntausende aber verloren ihren Job, und Millionen litten unter erheblichen Preissteigerungen für das Allernötigste. Doch die Leiden dieser Zeit sind angesichts der anhaltenden Krise nach dem Wirbelsturm „Mitch“ (1998) verblasst.

In der Folge dieser Krise hat die Kriminalität sprunghaft zugenommen. Überfälle, Entführungen und blutige Kriege zwischen Jugendbanden gehören zum Alltag. Maduro hat im Wahlkampf „null Toleranz“ versprochen. Er weiß, wovon er redet: Ende 1997 wurde sein ältester Sohn, der designierte Nachfolger für die Verwaltung der Familienbetriebe, bei einem Entführungsversuch in der Industriestadt San Pedro Sula ermordet. Doch Maduro versprach nicht nur eine harte Hand gegen gemeine Verbrecher, sondern auch gegen korrupte Staatsbedienstete. Das wirkt schon nicht mehr so glaubwürdig. Beim Siegesfest in der Nacht zum Montag ließ er sich mit dem Expräsidenten Callejas feiern. Der ist einer der prominentesten Vertreter staatlicher Korruption in Honduras.

TONI KEPPELER