Protestanten für und gegen Krieg

■ Der 112. Bremer Kirchentag diskutiert die Folgen des 11. September. Von Zobeltitz: „Es gibt keinen gerechten Krieg, Soldaten machen sich schuldig.“

Evangelische ChristInnen hadern immer mal wieder mit der Staatsgewalt und der Frage legitimer Gegenwehr. Luther selbst sah sich am 5. Mai 1525 gezwungen, gegen den sozialrevolutionären Theologen Thomas Münzer und dessen Unterstützung der Bauernaufstände eine Schrift zu verfassen: „Wider die mordischen und reubischen Rotten der Bauren.“

Auch beim 112. Kirchentag der Bremischen Evangelischen Kirche wird es heute um die Frage gehen, ob und inwieweit militärische Interventionen ein Mittel gegen den Terror sein können. 184 Delegierte werden in Vegesack darüber debattieren. Als erste Reaktion auf den 11. September hat die BEK eine Viertelstelle für den bisher ehrenamtlichen Islam-Beauftragten eingerichtet. Der soll einen Rrn und vor allem Moslems anregen, um gegenseitiges Verständnis herzustellen. Im Vorfeld des Kirchentages hatte der konservative Pastor Jens Motschmann in einem Flugblatt evangelische Anti-Kriegs-Demonstrationen kritisiert. Gott befinde sich „im Regiment“ – also in der Regierung – , daher mögen sich Lutheraner in ihren Friedensbemühungen auf das Gebet konzentrieren. Trotz der Meinungsdifferenzen geht der Kirchenausschuss mit einer Beschlussvorlage in die Debatte, die mit einer Kompromissformulierung Interventionsbefürworter wie Kriegsgegner vereinen soll. Es werden allerdings Auseinandersetzungen erwartet. In einer Reihe von Verlautbarungen hatten RepräsentantInnen der BEK bereits eine „tiefe Bestürzung über das Leid der vielen Opfer in den USA und der Zivilbevölkerung in Afghanistan“ geäußert, erinnerte Pressesprecherin Sabine Hatscher. BEK-Schriftführer Louis-Ferdinand von Zobeltitz unterstrich, dass die BEK den friedensethischen Grundsätzen der Evangelischen Kirche Deutschlands verpflichtet sei: „Ein Soldat kann mit gutem Gewissen nicht in den Krieg ziehen. Einen gerechten Krieg gibt es nicht. Auch ein Militärseelsorger muss den gläubigen Soldaten klar machen, dass sie sich schuldig machen.“ Mit einer Abstimmung wird gegen Mittag gerechnet.

Weitere Themen sind der Haushalt in Höhe von 57,7 Millionen Euro sowie der geplante Staatsvertrag mit der Freien Hansestadt Bremen. Der Vertrag soll die Leistungen der Kirche – zum Beispiel im Denkmalschutz – anerkennen, aber auch den Einfluss der Kirche im Rundfunk und den Anspruch auf Durchführung des Unterrichtes im Fach Biblische Geschichte absichern.

Bremen und Hamburg sind die letzten Landeskirchen, die nach der Trennung von Staat und Kirche über keinen Vertrag verfügen. Nachdem die Bremer Jüdische Gemeinde einen Staatsvertrag abgeschlossen hatte, der ihr finanzielle Leistungen zusichert, hielt auch die BEK einen solchen Vertrag für nötig. Religionssenator Henning Scherf (SPD) hatte sich ursprünglich gegen einen Staatsvertrag ausgesprochen.

tg