Kein Asyl für Union

Grüne wollen bei Zuwanderung hart bleiben und auf besseren Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung beharren. Schröder appelliert an CDU/CSU

BERLIN taz/rtr ■ Die Grünen haben sich festgelegt. Bei den Verhandlungen über das geplante Einwanderungsgesetz wollen sie keine weiteren Zugeständnisse an die Union mehr machen – jedenfalls nicht, wenn es ums Eingemachte geht. Fraktionschefin Kerstin Müller kündigte gestern an, auf den Verbesserungen für Flüchtlinge zu beharren, die von den Grünen nach zähem Ringen mit Innenminister Otto Schily (SPD) durchgesetzt wurden.

Auch mit der SPD-Fraktion sei man sich darüber einig, sagte Müller, dass die Regierungsparteien an zentralen Punkten wie dem Schutz nichtstaatlich Verfolgter „nichts ändern können, aber auch nichts ändern wollen“.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) rief die Union auf, dem Gesetzentwurf der rot-grünen Koalition im Bundesrat zuzustimmen. Schröder sagte im Bundestag, es gebe bei der Steuerung der Zuwanderung durchaus Einigungsmöglichkeiten. Das „Hin und Her“ zwischen Bayern und anderen Teilen der Union dürfe das Gesetz nicht kaputtmachen. Der Kanzler appellierte an die Unionsparteien: „Beendet dieses unwürdige Schauspiel.“

Die Bundesregierung braucht für das geplante Zuwanderungsgesetz die Zustimmung des Bundesrats. Als Zünglein an der Waage gilt die große Koalition in Brandenburg, die mit ihren 4 Stimmen eine Mehrheit sichern könnte. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) ist nach eigenem Bekunden hin- und hergerissen zwischen seiner Loyalität zur Koalition mit der SPD und Forderungen aus der Union, das Gesetz abzulehnen. CSU-Generalsekretär Thomas Goppel bezeichnete Schönbohm deshalb gestern als „ganz, ganz armen Kerl“.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verstärkten gleichzeitig den Druck auf Schönbohm, indem sie erneut die ablehnende Haltung der Union zu dem von SPD und Grünen ausgehandelten Kompromiss betonten. Koch sagte der Wirtschaftswoche, selbst wenn die Koalition die Erweiterung des Asylrechts für nichtstaatliche und geschlechtsspezifische Verfolgung wieder streichen sollte, sei die Vorlage nicht zustimmungsfähig. Koch stört sich auch an der Neuregelung des Familiennachzugsalters für Migrantenkinder. Der Vorschlag von Innenminister Schily, das Nachzugsalter von 16 auf 14 Jahre herabzusetzen, geht ihm nicht weit genug.

Auch Beckstein äußerte Zweifel an den Chancen für eine Einigung mit der Koalition. Die Grünen hätten schließlich klar gemacht, „dass sie sich nichts von dem wegnehmen lassen, was sie abgehandelt haben“. Nach den Plänen der Bundesregierung soll das Zuwanderungsgesetz noch vor Weihnachten im Bundestag und Bundesrat eingebracht werden. Wenn alles gut geht, kann es im Februar oder März verabschiedet werden. LUKAS WALLRAFF