Keine Angst vor Kündigung

Der neue Mietenspiegel: Was Mieter und Vermieter beachten sollten  ■ Von Eve Raatschen

Neben der Mieterhöhung nach Modernisierungen oder wegen gestiegener Betriebskosten können Vermieter die Anpassung der Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) verlangen. Diese wird in Hamburg durch den gerade erschienenen Hamburger Mietenspiegel repräsentiert. Doch nicht jede Mieterhöhung ist wirksam und muss gezahlt werden. Die zum 01. September 2001 in Kraft getretene Mietrechtsreform hat gerade bei der Mieterhöhung Änderungen mit sich gebracht, auf deren Einhaltung zu achten sich für MieterInnen lohnt. Ausgeschlossen ist eine Mieterhöhung, wenn vertraglich eine Staffel- oder Indexmiete vereinbart wurde oder es sich um eine Sozialwohnung oder ein Studentenwohnheim handelt. Dort gelten andere Regelungen.

Voraussetzungen

MieterInnen sind verpflichtet, einer Mieterhöhung zuzustimmen, wenn alle Voraussetzungen für eine wirksame Mieterhöhung vorliegen: die vorgeschriebene Form muss beachtet werden, die Kappungsgrenze von aktuell 20 Prozent muss eingehalten werden und es darf nicht mehr als die ortsübliche Miete verlangt werden. Die schriftliche Aufforderung des Vermieters oder seines Bevollmächtigten, einer Mieterhöhung zuzustimmen, muss an alle HauptmieterInnen gerichtet sein. Eine eigenhändige Unterschrift des Vermieters ist nach neuem Recht nicht mehr erforderlich – es reicht ein Namensstempel oder der bloße Abdruck des Namens am Ende des Textes. Die Erhöhung kann daher auch in Kopie oder per Telefax verschickt werden. Die MieterInnen haben nach Erhalt des Schreibens zwei Monate Zeit, sich zu überlegen, ob sie zustimmen müssen oder wollen. Geht das Erhöhungsschreiben im Dezember 2001 zu, endet die Zustimmungsfrist am 28.02.2002. Die erhöhte Miete muss dann – wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen – ab dem 01.03.2002 gezahlt werden.

Die Mieterhöhung muss begründet werden, entweder durch Bezugnahme auf ein bestimmtes Feld des Mietenspiegels (Beifügen ist nicht erforderlich), durch ein beigelegtes Sachverständigengutachten oder durch die Angabe dreier Vergleichswohnungen. Die Vergleichswohnungen müssen so genau beschrieben sein (Anschrift, Ausstattung), dass überprüft werden kann, ob sie mit der eigenen Wohnung vergleichbar sind. Nach dem neu eingeführten § 558a BGB muss der Vermieter in jedem Fall – auch wenn er z.B. ein Gutachten zur Begründung anführt – die für die Wohnung maßgeblichen Daten aus dem Mietenspiegel angeben – sonst ist seine Mieterhöhung nicht wirksam.

Die letzte Anhebung der Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB darf nicht weniger als ein Jahr her sein. Beispiel: Die letzte Mieterhöhung wurde zum 01.01.2001 verlangt. Eine neue Mieterhöhung, die vor dem 01.01.2002 zugeht, ist unwirksam. Zwischenzeitliche Mieterhöhungen wegen Modernisierung und gestiegener Betriebskosten hindern den Vermieter allerdings nicht daran, die Miete auch vor Ablauf eines Jahres auf das Mietenspiegelniveau anzuheben.

Wurde eine dieser Formalien nicht eingehalten, so sind die MieterInnen nicht verpflichtet, der Mieterhöhung zuzustimmen. Hat der Vermieter bis hierher alles korrekt gemacht, sollte überprüft werden, ob er auch mit der verlangten Höhe der Miete richtig liegt.

Kappungsgrenze

Die Nettokaltmiete darf sich innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als 20 Prozent erhöhen. Die bislang geltende Grenze von 30% wurde durch die Mietrechtsreform abgesenkt und gilt nur noch für Mieterhöhungen, die vor dem 01.09.2001 zugegangen sind. Beispiel zur Berechnung der Kappungsgrenze: Der Vermieter verlangt ab dem 01.03.2002 die neue Miete. Drei Jahre vor diesem Datum, am 01.03.1999, betrug die Nettokaltmiete DM 11,00/qm. Die Miete darf jetzt auf maximal Euro 6,60 (DM 13,20) angehoben werden. Ausnahme: Die Kappungsgrenze gilt nicht für MieterInnen ehemaliger Sozialwohnungen, die bisher Fehlbelegungsabgabe bezahlt haben. Außerdem bleiben bei der Berechnung der Kappungsgrenze Mieterhöhungen aus den letzten drei Jahren aufgrund einer Modernisierung unberücksichtigt.

Ortsübliche Vergleichsmiete

Auch wenn die Kappungsgrenze mehr erlauben würde: Der Vermieter darf die Miete immer nur auf die ortsübliche Vergleichsmiete (Mietenspiegel) anheben. In den Hamburger Randgemeinden gilt der Hamburger Mietenspiegel nicht. Nur in Norderstedt gibt es einen eigenen Mietenspiegel, der jährlich im März neu erscheint. Die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete richtet sich u.a. nach dem Baualter der Wohnung. Bei neu ausgebauten Dachgeschosswohnungen oder komplett umgestalteten Wohnungen gilt das Baualter des Aus- bzw. Umbaus. Auch ist die – tatsächliche – Wohnungsgröße und die Ausstattung maßgeblich für die Zulässigkeit der verlangten Mieterhöhung. Bei durchschnittlichen Wohnungen kann der Vermieter eine Anhebung auf den Mittelwert des Mietenspiegels verlangen. Die von der Baubehörde veröffentlichte Broschüre zum Mietenspiegel (erscheint einige Wochen nach dem Mietenspiegel) enthält eine Liste mit Merkmalen, die zur Normalausstattung oder zur gehobenen Ausstattung gehören.

Verlangt der Vermieter zuviel, z.B. den Oberwert des Mietenspiegels für eine normale Wohnung oder mehr als 20%, ist die Mieterhöhung in Höhe des zulässigen Teilbetrages wirksam.

Vermieterkündigung unzulässig

Hat der Vermieter alles richtig gemacht, sollte ihm die Zustimmung zur verlangten Erhöhung (bzw. zur korrekten Höhe) schriftlich zugeschickt werden. Es reicht nicht aus, den Erhöhungsbetrag kommentarlos zu zahlen. Wer einer korrekten Mieterhöhung nicht zustimmt, riskiert trotz Zahlung eine Klage.

§569 BGB regelt ausdrücklich, dass der Vermieter nicht kündigen darf, weil die Zustimmung nicht erteilt oder die erhöhte Miete nicht gezahlt wurde. Er muss immer zuerst die Zustimmung vor Gericht einklagen, wenn er seine Mieterhöhung durchsetzen will. Für MieterInnen besteht nach Erhalt einer Mieterhöhung ein Sonderkündigungsrecht, das interessant ist für alle die Auszugswilligen, die eine lange Kündigungsfrist einhalten müssen.

Die Autorin ist Juristin bei Mieter helfen Mietern e.V.