Schwarz-Schill verbietet Aids

Den neuen Senat kümmert der Welt-Aids-Tag nicht. Beim Thema Spritzentausch im Knast bleibt er hart  ■ Von Peter Ahrens

Heute ist Welt-Aids-Tag, und dem Rechtssenat ist das egal. Im Unterschied zu den Vorjahren wird es am heutigen Tag keinen Senatsempfang zu dem Gedenktag geben, Gesundheitssenator Peter Rehaag (Schill) wird bei keiner Veranstaltung zum Welt-Aids-Tag in Hamburg offiziell dabei sein. „Das gehört ganz offenbar für die neue Regierung nicht zu den wichtigsten Themen“, sagt der schwulenpolitische Sprecher der grünen Bürgerschaftsfraktion, Farid Müller. Die GAL hat mit einem parlamentarischen Antrag zum Thema Aids vor allem die Aufklärung von Jugendlichen ins Blickfeld gerückt.

„Die ganzen Kampagnen greifen bei den Jugendlichen nicht mehr“, hat Müller festgestellt. Kinospots, Plakate, Flyer – damit könne man den unter 25-Jährigen nicht mehr kommen, das funktioniere nur über persönliche Ansprache in Schulen oder Jugendzentren. Um die direkte Kommunikation zu fördern hat die GAL einen Antrag verfasst, der von der Bürgerschaft an den Schulausschuss verwiesen wurde.

Es sind vor allem die Einwandererkinder, bei denen das Thema Aids-Aufklärung bis heute nicht angekommen ist. „Bei der Arbeit mit MigrantInnen haben wir in Hamburg immer noch große Defizite“, sagt Jörg Korell von der Aids-Hilfe. JedeR fünfte Infizierte ist Nicht-DeutscheR, ein Prozentsatz, der sich laut Müller in den kommenden Jahren eher steigern dürfte, wenn man dem in Sachen Aufklärung nichts entgegensetzt. Was nicht so einfach ist: Religiös-kulturelle Tabus erschweren es, über Sex und Verhütung zu sprechen, den Zugang zu ihnen zu finden. In solchen Fällen plädiert Müller dafür, das Prinzip der Ko-Edukation von Jungen und Mädchen aufzulösen, um das Gespräch über Aids zu erleichtern. Der GAL-Abgeordnete, der seit Beginn der Legislaturperiode als erster offen schwuler Parlamentarier auch dem Präsidium der Bürgerschaft angehört, hält auch das Aufstellen von Kondomautomaten in Schulen für praktikabel. Bei der Schulbehörde wird seit längerem ein Projekt „Interkultureller Sexualkundeunterricht“ geplant, Müller hofft, dass es auch unter der Ägide von FDP-Schulsenator Rudolf Lange weiter-geführt wird.

Weniger Hoffnung können sich Menschen in der Aids-Hilfe beim Thema Spritzentausch im Knast machen. Es ist politischer Wille von Schwarz-Schill, die Praxis, desinfizierte Spritzen an süchtige Häftlinge abzugeben, zu unterbinden. „Ein drogenfreies Gefängnis, wie vom Senat angestrebt, ist Illusion“, sagt die sozialpolitische Sprecherin der GAL, Dorothee Freudenberg. Knapp 30 Prozent der Strafgefangenen sind abhängig, daher lassen sich Drogen- und Knastszene nicht einfach trennen, betont sie. Die Bezirksversammlung Nord hat noch Anfang diesen Monats in einem Beschluss, der neben SPD und GAL auch von der FDP getragen wurde, beschlossen, den Spritzentausch in Santa Fu beizubehalten.

Knapp 3000 Menschen mit HIV-Infektion, so die Schätzungen, leben in Hamburg, jährlich kommen 200 Neuinfektionen hinzu.