eRegiment mit Haken und Ösen

■ Die Einführung elektronischer Verwaltung kommt nun auch bei den Bremer Pionieren nur zögerlich voran. Einer der Gründe: Sicherheitsprobleme wurden im Vorfeld unterschätzt

Bremen ist Spitze – im elektronischen Regieren. 1999 bekam die stadteigene Bremen online services (bos) GmbH zusammen mit Esslingen und Nürnberg den media§komm-Preis der Bundesregierung. Und doch steckt alles noch in den Kinderschuhen. Das zeigte sich nicht nur auf einem zweitägigen Kongress, der in dieser Woche mit etwa 150 Teilnehmern im Bremer Rathaus stattfand: „eGovernment ante portas“, altbremisch etwa: „rechnergestützte Obrigkeit vor den Pforten“.

Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) verbreitete Visionen. „Wir werden bald alle Verwaltungsakte online durchführen können. Zum Beispiel den Umzug. Virtuell wird die Grenze zwischen Bremen und Niedersachsen verschwinden.“ Der Vizebürgermeister schwärmte zudem von den künftigen E-Business-Möglichkeiten. Tatsächlich ist „die Wirtschaft“ in Form der Sparkasse mit 15 und der Deutschen Telekom mit zehn Prozent an bos beteiligt. Die Signaturkarte der bos mit der man online rechtsverbindliche Unterschriften leisten kann, soll mittelfristig mit einer Geldfunkion versehen und langfristig in eine ec-Karte integriert werden. Es ist auch daran gedacht, mit Werder Bremen zu kooperieren: Fans der Truppe von Trainer Thomas Schaaf werden irgendwann ihre Tickets online buchen und bezahlen.

Bis zur Verwirklichung dieser Projekte wird allerdings noch einiges Wasser die Weser runter fließen. Im Moment beschränkt sich die eRegierung auf studentische Im- und Exmatrikulation. „Die wird aber ohne Werbung seit ihrer Einführung im Sommer von immerhin 10 Prozent der Studenten wahrgenommen“, freut sich Gisela Schwellach, Informatikerin und Geschäftsführerin der bos. Für den nichtstudentischen eHanseaten ist die virtuelle Administration allerdings noch wenig attraktiv. Unter www.bremen-online-servics.de gelangt er auf eine digitale Großbaustelle. Der Bürger kann einstweilen nur PDF-Vordrucke am Bildschrim ausfüllen. Anschließend muss er die Formulare ausdrucken, per Hand unterschreiben und der Schneckenpost überantworten.

Um wirklich online zu unterschreiben, müsste der User zunächst eines von 10.400 Lesegeräten samt Signaturkarte für 30 Mark besorgen. Zurzeit wirbt bos jedoch nicht für den Erwerb der Karte. Denn die meisten Funktionen sind ohnehin noch nicht freigeschaltet. Ein Praxistest der taz ergab zudem, dass es insbesondere textlichen Nachbesserungsbedarf gibt. Ohne verständliche Hilfestellungen dürfte es schwer werden, Nicht-Internet-Freaks oder gar ältere Bürger für den Gang ins virtuelle Rathaus zu gewinnen. Denn ohne Fremdwörterlexikon ist zum Beispiel nicht zu verstehen, wie eine „alphanumerische“ in eine „numerische“ PIN zu verwandeln wäre. Auch wenn es vielleicht ganz einfach ist.

Geschäftsführerin Schwellach ließ denn in ihrem Referat auf dem Kongress auch Realismus walten. Sie gestand zu, dass eine Reihe von unerwarteten Schwierigkeiten eingetreten ist. Die Eingabe der aus Zahlen und Buchstaben bestehenden Persönlichen Identifikationsnummer (PIN) über die Computertastatur etwa hatte sich als nicht sicher erwiesen. Daher darf die PIN jetzt nur noch direkt über das Lesegerät eingegeben werden. Das aber verfügt nur über eine Ziffern-Tastatur. Deshalb muss der Anwender sich nun einen neuen, nur aus Zahlen bestehenden „numerischen“ Code wählen. Doch auch solche Hindernisse will die bos überwinden. Das Unternehmen will nun eine Verlängerung der Bundesförderung über das Jahr 2002 hinaus beantragen. Thomas Gebel