Angst vor der perfekten Mappe

■ Ab Januar wird alles anders: Das „Job AQTIV“-Gesetz tritt in Kraft. Arbeitslose unterschreiben künftig „Eingliederungsvereinbarung“

Das Wort ist ein Ungeheuer, aber es soll helfen: Am 2. Januar tritt das „Job AQTIV“-Gesetz in Kraft. Dank „Job AQTIV“ (die Buchstaben stehen für „Aktivieren“, „Qualifizieren“, „Trainieren“, „Investieren“ und „Vermitteln“) sollen Arbeitslose künftig schneller als bisher eine neue Stelle finden.

Weil dann vieles anders wird, trafen sich gestern Menschen vom Arbeitsamt, vom Arbeitsressort und von Projekten sowie Trägern, die Beschäftigungsmaßnahmen wie ABM organisieren, für einen Tag im Konsul-Hackfeld-Haus, um sich das neue Gesetz aus erster Hand erklären zu lassen.

Zu diesem Zweck war der Vizepräsident der Bundesanstalt für Arbeit, Heinrich Alt, aus Nürnberg angereist. Bremen, befand er allen Nörglern zum Trotz, sei „eine Region im Aufbruch, zumindest in der Außenbetrachtung.“ Von Januar an wird das Bremer Arbeitsamt 24 neue MitarbeiterInnen zur Verfügung haben – bundesweit sind es 1.000 –, die sich um die Vermittlung Arbeitsloser kümmern. Und diese Vermittlung, erklärte Alt das neue Gesetz, werde jetzt intensiviert. An erster Stelle wird das so genannte „Profiling“ stehen, eine Bestandsaufnahme, was der Arbeitssuchende kann oder lernen muss. Dann wird per „Eingliederungsvereinbarung“, die der Vermittler im Amt und der zu Vermittelnde demnächst abzuschließen haben, die nächsten Schritte festgelegt: welche Eigeninitiative der Bewerber, welche Bemühungen das Amt zu übernehmen hat. Nach sechs Monaten wird das Ganze überprüft. Sollte der Arbeitslose seinen Teil der Vereinbarung nicht einhalten, kann ihm das Arbeitslosengeld gekürzt werden.

Das Schlagwort „Fördern und Fordern“, das Bremen sich auch schon beim Umkrempeln des Sozialhilfewesens auf die Fahnen geschrieben hat, hält jetzt also auch im Arbeitsamt Einzug. Hat schon längst Einzug gehalten, betonte gestern Christian Hawel, Chef des Bremer Arbeitsamts: Besagte Vereinbarungen seien schon gang und gäbe, und für die im neuen Gesetz festgeschriebene Job Rotation – ein Arbeitsloser ersetzt einen Beschäftigten, der auf einer Fortbildung ist – war Bremen eine der Pilot-Regionen. Die neuen Instrumente scheinen Erfolg versprechend: Bremen und Bremerhaven haben die höchste Integrationsquote in der ganzen Republik. Dass die Arbeitslosigkeit dennoch hoch bleibt, steht für die Arbeitsmarktpolitiker auf einem anderen Blatt, nämlich dem konjunkturellen: Man bedauere die „konjunkturell bescheidene Situation“, so der Nürnberger Vize Alt. „Dass wir die 3,5 Millionen (Arbeitslose, Anm.d.Red.), die der Kanzler mal gewünscht hat, nicht erreichen werden, liegt auf der Hand.“ Die neue Zielmarke lautet: Nicht mehr als 50.000 Arbeitslose mehr im kommenden Jahr, und die gelte es unbedingt zu unterbieten. Außerdem sei insbesondere die Weiterqualifizierung wichtig: „Damit wir für den Aufschwung präpariert sind.“

Ein weiteres Element des „Job AQTIV“-Gesetzes ist die Einschaltung „Dritter“ bei den Vermittlungsbemühungen: Dazu zählen die Träger der Beschäftigungsmaßnahmen ebenso, wie gewerbliche Vermittler. In Sachen Bewerbungstraining wird das beim Arbeitsamt auch schon praktiziert. Mit offenbar durchschlagendem Erfolg: „Die Betriebe beklagen sich schon“, sagt Arbeitsamtsdirektor Hawel, „dass sie nur noch perfekte Bewerbungsmappen bekommen.“ sgi