Der Euro hält die Busse auf

Die Stadt & der Euro: Busfahrer müssen Künstler im Kopfrechnen werden

Der Busfahrer hat Berliner Charme. „Ich quatsche nicht beim Fahren“, meint er trocken, an einer Kreuzberger Ampel Gas gebend. Die kurze Frage nach der Euroumstellung scheint den Mittvierziger zu stressen. „Rücken Sie bitte durch, da vorn wollen noch mehr Fahrgäste zusteigen.“ In der Tat bringt die Euro-Bargeldeinführung ab dem 1. Januar (1 Euro = 1,95583 Mark) Busfahrern Mehrarbeit und etwas, was sie am wenigsten leiden können: Verspätungen.

In der ersten Januarwoche wird jeder Busfahrer so etwas wie ein Wechselstubenangestellter sein. „Einfach ist das für die Fahrer nicht“, sagt Angelika Mattstedt vom BVG-Euro-Team. Die Passagiere können vorn im Bus Fahrkarten erstehen und in Euro oder Mark bezahlen. Wechselgeld soll es aber nur in Euro geben. Allerdings haben die Busfahrer keine Ein- beziehungsweise Zwei-Cent-Münzen dabei. Also wird auf fünf Cent aufgerundet, zu Lasten des Fahrgastes. Zeitaufwändig könnte das Umrechnen werden – dafür bekommen die Busfahrer Extratabellen an die Hand, da Taschenrechner für alle zu teuer gewesen wären.

Stress gibt es auch für rund 400 BVG-Mitarbeiter, die in den Tagen um den Jahreswechsel als fliegende Fahrkartenhändler durch die Stadt geschickt werden. 70.000 Tonnen Euromünzen, die die BVG geordert hat, wollen schließlich unter die Leute gebracht werden. Die fliegenden Händler nehmen Euro und D-Mark entgegen, verkaufen aber nur die gängigen Tickets. Gut beraten ist also, wer seine Monatsfahrkarte schon deutlich vor Silvester ersteht, weil es an den Verkaufsstellen diesmal Gedränge geben könnte. Ein Januar-Ticket ist diesmal bereits ab dem 29. Dezember gültig.

Die fliegenden Händler sind nötig, weil die BVG ihre Automaten erst nach und nach umrüsten kann. Vom ersten Weihnachtsfeiertag an werden die 1.300 Automaten sukzessive auf Euro umgestellt, diese nehmen dann aber keine D-Mark mehr. Damit das jeder sieht, gibt’s einen bunten Aufkleber: „Wir sind fit für den Euro!“

Bei allem Aufwand – die BVG kostet das Unternehmen Euro einen zweistelligen Millionenbetrag – hat die Einführung des neuen Bargeldes doch einen kleinen Vorteil für die Kunden – die verschiedenen Fahrpreise werden bei der Umrechnung abgerundet, so dass die Fahrkarten geringfügig günstiger werden. Vielleicht stürmen ja deswegen am Beginn des neuen Geldzeitalters ganz besonders viele Berliner in Busse und Bahnen. Der Busfahrer in Kreuzberg hat dann noch mehr Spaß bei der Arbeit.

RICHARD ROTHER

weitere Infos: www.bvg.de