petersberg-konferenz
: A wie Afghanistan, B wie Bundeswehr

Die Afghanistan-Konferenz bei Bonn steht vor einem erfolgreichen Abschluss. Diesen Eindruck vermitteln alle Teilnehmer, obwohl einer wegen Unstimmigkeiten in seiner eigenen Delegation abgereist ist. Einigkeit herrscht über das Verfahren, wie Übergangsregierung und -parlament zu bilden sind; nur um die Zusammensetzung des Gremiums wurde gestern Abend noch gerungen. Greifbar ist auch die Einigung über eine multinationale Friedenstruppe mit UN-Mandat, nachdem die Nordallianz hier ein Einlenken signalisiert hat.

Kommentarvon SVEN HANSEN

Damit hat die Bonner Konferenz schon viel mehr erreicht, als viele erwartet hatten. Die Bundesregierung hat sich intensiv für die Suche nach einer Friedenslösung eingesetzt, was gerade durch die Konferenz symbolisiert wird. Sie hat auch schon umfangreiche Entwicklungs- und Wiederaufbauhilfe in Aussicht gestellt. Und auch weil die Deutschen schon immer als neutrale Partner galten, die ihnen nie etwas aufzwingen wollten, genießt Deutschland unter den Afghanen einen sehr guten Ruf. Für viele Konferenzteilnehmer war es – im politischen Sinn – nicht einmal Mitglied der Anti-Terror-Allianz.

Dabei ist allen klar, dass die Ergebnisse vom Petersberg nur dann Bestand haben, wenn sie in Afghanistan auch umgesetzt und weiterentwickelt werden – und zwar nach Mehrheitsmeinung militärisch abgesichert. Für die Afghanen ist es da nahe liegend, dass deutsche Soldaten an einem solchen Einsatz beteiligt werden sollten. Truppen aus den Nachbarländern scheiden wegen eigener Interessen aus, Russen und Briten sind unbeliebt und die Amerikaner eine Kriegsmacht, der man eine Neutralität schlicht nicht zutraut.

Eigentlich wünsche sich kein Afghane die Stationierung fremder Truppen, bedeuten die Verhandler. Wenn sie aber sein muss, legen alle Wert auf eine muslimisch geführte Friedenstruppe. Die in Bonn vertretenen Afghanen wollen aber auch die Deutschen dabeihaben. Dass Bundesregierung und Bundestag ausgerechnet die Entsendung einer Friedenstruppe ablehnen könnten, um den in Deutschland beschlossenen Friedensprozess zu sichern, wäre für die Afghanen schwer nachvollziehbar.

Zwar ist die Bundesregierung offiziell noch nicht gefragt worden. Doch in Bonn sind die Erwartungen unübersehbar. Wer A wie Afghanistan-Konferenz sagt, wird bald auch B wie Bundeswehreinsatz sagen müssen.

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