Zweitbester Club der Stadt

Das Bundesliga-Derby gewinnt der HSV 4:3 gegen St. Pauli. Beide Hamburger Teams zeigen mal wieder ihre Schwächen  ■ Von Oke Göttlich

Der Fußball meint es im Moment nicht gut mit St. Pauli-Trainer Dietmar Demuth. Wenn er könnte, würde er die vergangene Woche am liebsten ungeschehen machen. Zunächst erklärte Zlatan Bajramovic zu Beginn der Woche seinen Wechsel zum SC Freiburg. Und dann ging gestern auch noch das Derby verloren: 4:3 siegte der HSV im Volksparkstadion, und das knapp klingende Ergebnis breitete noch den Mantel der Liebe über die Defizite der St. Paulianer aus.

Schon zu Beginn des Lokal-Derbys des großen alten H. gegen den Stadtteilklub überschlugen sich die Ereignisse derart, dass Demuth nur noch die Fahne an der Mittellinie als Freund hatte. Er stützte sich auf sie und schüttelte fassungslos mit dem Kopf: Der HSV hatte nach acht Minuten schon alles klar gemacht. Die neue St. Pauli-Defensivabteilung, bestehend aus Held, Stanislawski, Trulsen und Gibbs, wussten noch nicht so recht, wie ihnen geschah, als Schiedsrichter Helmut Krug ein Foul an Held übersah und folgedessen ein freistehender Meijer in aller Ruhe von Jörg Albertz angespielt werden konnte und ab durch die Mitte zum 1:0 einschieben konnte. Nach dem 2:0 durch Milan Fukal wollte Demuth am liebsten einen traurigen Tango mit der Fahne tanzen.

Als es nach gut 50 Minuten schon 4:1 stand, schien eh alles klar zu sein, bevor nach den zwei Toren von Routinier Trulsen in den Schlussminuten noch einmal die Hoffnung als letztes starb. „Fünf Minuten länger und es hätte zum Unentschieden gereicht“, sagt St. Paulis Mittelfeldspieler Ugur Inceman, und Christian Rahn, im kommenden Jahr selbst beim HSV unter Vertrag, ärgerte sich, die „erste Halbzeit wie so oft verschlafen“ zu haben. Mit Ärgern war er aber nicht der einzige. Auch HSV-Sportchef Holger Hieronymus ärgerte sich „immens“, denn der gastgebende Stellinger Club war in den letzten Minuten nur noch damit beschäftigt, den Vorsprung irgendwie über die Zeit zu bringen. HSV-Coach Kurt Jara war wohl der Einzige, der ein „hervorragendes Derby“ gesehen zu haben glaubte.

Dabei hatte sich St. Pauli-Reservist Dubravko Kolinger noch Minuten vor Anpfiff gar heimisch in der ungeliebten Auswärtsarena gefühlt. „Ist doch wie am Millerntor hier“, flachste er und dürfte eine Coolness vorgetäuscht haben, die nur von wenigen Profis und keinem Fan geteilt wurde.

Die St. Pauli-Fans hatten sich in der Südkurve schon vor dem Spiel hinter einem Luftballonwall verbarrikadiert, der eigentlich Teil der feierlichen Choreografie sein sollte. Eine Notlösung, nachdem den St. Pauli-Supportern vom HSV-Ordnungsdienst die geplante Choreografie untersagt wurde. Nur wenige der 12.000 aufgepumpten Luftballons durften mit in das Stadioninnere gebracht werden. Der einzige Trost und ein bisschen Aufmunterung für die Fans kam von der eigenen Mannschaft: „Wenn wir euch nicht hätten“ stand auf dem Transparent, das die Spieler ihren geduldigen Fans zeigten. Auf die wenigstens können sich die braun-weißen Profis noch verlassen.

HSV: Pieckenhagen - Fukal, Hertzsch, Uijfalusi, Hollerbach - Töfting, Albertz, Barbarez - Benyamin, Präger, Meijer

St. Pauli: Bulat, Stanislawski, Gibbs, Trulsen, Inceman, Berre, Held, Rahn, Meggle, Marcao, Rath

Tore: 1:0 Meijer (4. Min.), 2:0 Fukal (7.), 3:0 Benyamin (44.), 3:1 Meggle (47.), 4:1 Barbarez (52.), 4:2 Trulsen (79.), 4:3 Trulsen (82., Foulelfmeter).